Bergträume in nächster Nähe

Welcher Wanderfreund muss in die Ferne schweifen, wenn er doch die Alpen vor der Nase hat? Die Höhenwege in Italien, Österreich oder der Schweiz bieten nahezu überall eine berauschende Kulisse.
oeschinensee

Einmal durch die ganze Schweiz

Sieben der sogenannten «nationalen Routen» führen in verschiedenen Schwierigkeitsgraden durch die Schweiz. Eine der Routen ist die Schweizer Version der «Via Alpina» von Vaduz (Gaflei, FL) nach Montreux. Sie überquert 14 der schönsten Alpenpässe, quer durch sechs Kantone mit vielfältiger Kultur, Geologie und Topografie. Wer Blumen liebt und Tiere mag, wird auf Schritt und Tritt seine wahre Freude haben. Vor die Kamera schaffen es atemberaubende Panoramen ebenso wie kleine Schönheiten am Wegesrand. Zudem wechseln stille Entspannungsoasen mit mondänen und lebendigen Tourismusorten ab, die topmoderne Alp mit Showroom existiert gleich neben der romantischen Alphütte, wo Schweine, Geissen und Kühe dem Älpler beim Käsen im «Kupferchessi» über dem offenen Feuer zusehen. Technisch mässig anspruchsvoll, aber durchaus schweisstreibend startet die erste Etappe von Vaduz nach Sargans (26km). Das breite Rheintal zu Füssen führt der Weg durch Wälder und Wiesen. Ebenso zum Einwärmen ist noch die zweite Etappe (Sargans–Weisstannen, 13km) gedacht. Das breite, steile und abgelegene Weiss-tannental wartet mit schönen Weilern wie Vermol und dem wundervollen Champersee auf. Auf Höhenwegen an der Westflanke des Tales steigt man stetig in Richtung des Etappenorts Weisstannen auf.

Von Anfänger bis Angstschweiss

Kondition und Trittsicherheit braucht es auf Etappe fünf von Linthal nach Urner Boden (15km). Vom Tal geht es über einen steilen Waldweg hinauf auf die sonnige Geländemulde von Braunwald und weiter über waldige Felsbänder zur grössten Schweizer Alp mit 1200 Kühen. Flaches und wildes Gelände öffnet sich entlang des Fätschbaches nach Urnerboden. Wer zwischendurch ein Abenteuer sucht: In Braunwald wartet ein Klettersteig mit vier Schwierigkeitsstufen von Anfänger bis Angstschweiss. Und nun reihen sich die Höhepunkte aneinander. Richtung Altdorf (UR) wartet ein faszinierender Höhenweg mit Bergpanorama über dem Schächental, weiter Richtung Engelberg geht’s über einen aussichtsreichen Grat zum historischen Surenenpass. Auf der Route Engelberg– Engstlenalp (Etappe 8, 11km) locken der spektakulär gelegene Trübsee am Fuss des Titlis und der Jochpass führt nun schon ins Berner Oberland. Ziel ist die Engstlenalp, ein idyllischer Kraftort mit See, Nostalgiehotel und tausenden von Alpenrosen.

Über Meiringen findet man nach Grindelwald und begegnet dort grossen Berühmtheiten wie dem Wetterhorn, dem Nostalgiehotel Rosenlaui und der Grossen Scheidegg. Von Grindelwald
nach Lauterbrunnen (Etappe 11, 20km)führt ein sanfter Aufstieg über gewellte Matten zur kleinen Scheidegg, nah und gewaltig zeigt sich die Eigernordwand. Ein sonniger Höhenweg führt nach Wengen, dann heisst es Abtauchen ins Lauterbrunnental mit seinen senkrechten Wänden und Wasserfällen.

Karte_Via_AlpinaEiskaltes Bad im Oeschinensee

Königsetappe ist die Nummer 13 von Griesalp nach Kandersteg (16km) über das 2778 Meter hohe Hohtürli. Lohnenswert ist der Abstecher zur Blüemlisalphütte und dem ewigen Gletschereis. Moränen leiten bergab zum tiefblauen Oeschinensee, einem der schönsten Bergseen der Alpen, umgeben von steilen Felswänden. Auch im Sommer eiskalt, lockt er trotzdem zum Baden und wenn die bequemen Zeitgenossen am Abend mit der Bahn ins Tal abgefahren sind, beginnt am See die schönste Zeit, z.B. beim (nicht überall erlaubten!) Bräteln. Durch Wälder und Moorlandschaften geht es von Adelboden nach Lenk (Etappe 15) und auch im Kessel des Hinteren Simmentals warten tosende Wasserfälle und die perfekte Kulisse des Wildstrubelmassivs. Vom mondänen Gstaad nach L’Etivaz (16km) geht’s zur Sprachgrenze und schliesslich nach Rochers de Naye mit seinen Murmeltieren, dem Felsenrestaurant und einem Panorama über hunderte von Zacken und Gipfel. Erst steile Grat- und Felswege, später mediterrane Anhöhen markieren die letzte Etappe hinunter nach Montreux.

Dolomiten: Höhenweg der Bergführer

Das Wandergebiet um Alta Badia im Süden des Gadertales umfasst über 400km sorgfältig präparierte Wanderwege. Bergfreaks wählen einen der Dolomiten-Höhenwege – mehrtägige Wanderrouten, auf denen der Zauber des morgendlichen Erwachens mitten in der Natur zum Programm gehört. Zur Auswahl stehen zehn Höhenwege, auf denen man die Dolomiten von Nord nach Süd oder West nach Ost in je ein bis drei Wochen bewandern kann. Pro Tag sind vier bis sieben Stunden Gehzeit zu bewältigen. Schutzhütten und Nachtlager, in denen man essen und schlafen kann, finden sich auf dem Weg.

Ein Highlight, das sich vergleichsweise leicht bewältigen lässt, ist der «Höhenweg der Bergführer», der von eben diesen ausgearbeitet wurde. Welch unterschiedliche Phänomene die Natur geschaffen hat, darüber kann man auf dieser Tour nur staunen. Das Felsen-Bollwerk Sas dla Crusc (Heilig Kreuz), das im Sonnenuntergang wüstenrot leuchtet, und die urzeitliche Stille der Fanes-Alm in Enneberg im Naturpark Fanes Sennes Prags könnten gegensätzlicher nicht sein. Die Gräben des Lagazuoi bilden den Eingang zum prächtigen Reich des berühmten Dreigestirns der Tofane und wenn dann noch die Civetta-Moiazza-Berggruppe ins Sichtfeld gelangt, besinnt sich der Wanderer trotz seines andauernden Glücksgefühls darauf, welch kleine Nummer er zwischen all diesen Naturspektakeln doch ist.

Die Wanderung ist auch dank des geringen Höhenunterschiedes (max. 900m/Tag) für Nicht-Trainierte geeignet.

Karte_DolomitenVon Hütte zu Hütte in der Steiermark

In der österreichischen Steiermark kommen Freunde von Panoramawegen voll auf ihre Kosten und manches Mal geht es recht hoch hinauf, denn die Steiermark ist der Knotenpunkt des österreichischen Weitwanderwegenetzes. Als Klassiker der Kategorie «Hütte zu Hütte» gilt die reizvolle, aber anspruchsvolle Höhenwanderung «Schladminger Tauern Höhenweg», der es an geologischen Besonderheiten nicht mangelt. Über sieben Etappen führt sie von der Hochwurzen in Rohrmoos bis nach St. Nikolai im Naturpark Sölktäler. Von den 300 Bergseen und fast 150 Wasserfällen der Niederen Tauern findet sich ein Grossteil in den Tälern, Kesseln und Karen der Schladminger Tauern. Gipfel wie der Hochgolling, der Höchstein und die Hohe Wildstelle rufen zu einer der schönsten alpinen Wandertouren im Land. Einen besonderen Eindruck hinterlässt die Tour durch die Klafferkessel und die Goldlacken – eine arktische Seenlandschaft mit ganz eigener Flora, die man sonst nur in nördlichen Breiten findet. Von jeder Hütte gibt es auch eine Abstiegsmöglichkeit. Der Wanderbus Richtung Schladming wartet im Tal.

Der Schladminger Tauern Höhenweg ist ein Abschnitt des Zentralalpenweges 02, der den gesamten Alpenraum durchquert. Verfallene Hütten und Grundmauern von Knappenunterkünften zeugen von der Bergbau-Vergangenheit. Unberührte Wildbäche mit tosenden Wasserfällen und vielen kleinen Zuläufen aus den Quellgebieten der Tauern-Wasserlandschaft machen den Reiz dieser Wanderung aus.

Karte_Schladminger