«Ich habe nie das Gefühl, dass ich arbeite auch wenn die Tage – streng sind»

Der bekannte Radio- und TV-Moderator äussert sich zu seiner Medienpräsenz, Engagements als Moderator für Veranstaltungen und den Trend «reduce to the max».
hartmann
Copyright: SRF/Oscar Alessio

Herr Hartmann, was gab den Ausschlag, schon in jungen Jahren in die Medienwelt einzusteigen?

Ich war schon als Junge von der Technik, Sprache und Musik fasziniert. Wenn ich krank war, hörte ich den ganzen Tag Radio und dachte mir, diese Moderatoren haben den lässigsten Job, den es gibt. Schon früh erkannte ich mein Talent zu unterhalten und so habe ich den Abschlussabend der Primarschule geschmissen. In der Aula der Mittelschule kümmerte ich mich meistens hinter der Bühne um die Beleuchtung. Die Kombination dieser Interessen habe ich im Blut und kommt mir heute noch zugute.

Wie wird man zu einem der bekanntesten Moderatoren der Schweiz?

Indem man es nicht will. Ich ging immer unverkrampft an die Arbeit und liebe meinen Job bis heute extrem. Die Produktion der Inhalte von Sendungen finde ich überaus spannend. Ich bin ein Perfektionist, es ist der stete Tropfen und die Konstanz, die letztlich Früchte getragen haben. Und sicherlich spielt Glück eine Rolle, ich war im richtigen Moment am richtigen Ort.

Ich versuchte nie, Top-Sendungen zu übernehmen, sondern fand Gefässe mit Entwicklungspotenzial viel spannender. Ich bin nie in die Fussstapfen von jemandem getreten, sondern habe bewusst etwas selber aufgebaut. Vor zehn Jahren war die Redaktion Volkskultur beim SRF eher eine Randerscheinung. Ich hatte das Glück, im Fahrwasser des Erfolgs dieser schweizerischen Inhalte mitfahren zu können. Niemand dachte damals, dass man damit Karriere machen kann.

Was fasziniert Sie an Ihrer Arbeit?

Ich habe nie das Gefühl, dass ich arbeite, auch wenn ich strenge Tage habe. Es entspricht meinem Charakter, dass ich trotz einer gewissen Konstanz von einer Sache zur anderen hüpfen kann. Ich liebe die Abwechslung.

Schlägt Ihr Herz mehr fürs Radio oder fürs Fernsehen?

Für beide genau gleich, weil sie nicht vergleichbar sind und das Fernsehen nicht die logische Fortsetzung des Radios ist. Ohne Radio wäre es für mich schwierig, ohne Fernsehen habe ich noch nie ausprobiert. Bei meiner TVArbeit konnte ich bereits so viel entdecken und kennenlernen, was andere in ihrem ganzen Leben nicht schaffen.

Welches Erlebnis als Moderator hat Sie bisher am meisten beeindruckt?

Da gibt es ganz viele, die Dichte dieser Erlebnisse treibt mich weiter. Ein Erlebnis folgt auf das andere, das macht einen auf eine gewisse Art süchtig. Eher negativ ist, dass mein Lampenfieber vor einer Live-Sendung in den letzten Jahren stärker geworden ist. Die Fallhöhe wird höher, wenn man erfolgreiche Sendungen macht. Die Angst vor mir selber oder dass mir das Publikum nichts mehr verzeiht, ist grösser geworden.

Gab es auch schon grössere Pannen?

Eine wirkliche Panne ist mir glücklicherweise noch nie passiert. Aber alle Radiomoderatoren haben einmal im Jahr den bösen Traum, dass man zu spät zur Sendung kommt, oder dass das Mikrofon offen ist und man nicht mehr weiss, was man sagen will.

In welchen Formaten wird man Sie weiterhin sehen können und welche neuen Projekte verfolgen Sie?

Natürlich hat man immer wieder Ideen, aber ein konkretes neues Projekt gibt es im Moment nicht. Derzeit liegt der Schwerpunkt vermehrt auf Verbesserungsmöglichkeiten bei bestehenden Gefässen. Wir können Sendungen immer wieder optimieren, denn es braucht eine gewisse Zeit, bis die Zuschauer und Zuhörer bei uns ankommen und eine Sendung annehmen. Man muss nicht immer etwas Neues erfinden wollen. Beim Radio ist jede Sendung anders. Da komme ich um 11 Uhr ins Studio und wir entscheiden, was ab 16 Uhr gesendet wird.

Meine Fernseh- und Radiopräsenz ist nicht penetrant. Mit acht Mal «Wunderland » und vier Mal «Live» sowie der Finalsendung «Landfrauen-Küche » und der Spezialsendung «Hüttengeschichten » komme ich über das Jahr verteilt auf 14 Sendungen beim Fernsehen. Dazu kommen 20% fürs Radio, wo ich neben «vier bis acht» noch bei «Jeder Rappen zählt» engagiert bin.

Gibt es ein Format, das Sie unbedingt einmal moderieren möchten?

Nein, denn man muss wissen, wo die Grenzen liegen. Sich immer vorzustellen, was noch interessant wäre, würde mich zu sehr ablenken von dem, was ich jetzt mache. Man kann auch nicht ein Format, das man gut findet, auf sich selber adaptieren, denn ich bin ein anderer Mensch. So gesehen habe ich das Glück, Sendungen moderieren zu können, die auf mich zugeschnitten sind.

Man kann Sie auch für Moderationen von Veranstaltungen buchen. Für welche Themen sind Sie prädestiniert, für welche eher weniger?

Grundsätzlich gehe ich auf alle Vorschläge offen ein. Ich habe Kunden, mit denen ich seit mehreren Jahren zusammenarbeite. Da kenne ich das Unternehmen und die Kultur. Ich bevorzuge Themenbereiche, bei denen es um Unternehmensgeschichten geht,um Diskussionen mit Inhalt wie etwa Management-Tagungen. Dann werde ich auch für Gala-Abende gebucht. Oft ist das Publikum überrascht, dass ich, den man oft in Wanderkleidung sieht, auch einen anständigen Anzug habe.

Der Kunde muss mir zugestehen, dass ich mit einer Buchung nicht Teil von ihm bzw. seinem Unternehmen werde. Ich verstehe mich häufig als Querdenker und Anwalt des Publikums. Flapsige Interviews oder Eröffnungen von Einkaufszentren und Produktpräsentationen interessieren mich weniger. Letztlich muss es für mich und den Kunden aufgehen und passen.

Was ist Ihnen bei solchen Moderationen wichtig?

Dass ich nicht eins werde mit dem Auftraggeber. Das schadet nur und ist unglaubwürdig. Dass man Respekt hat, sich aber nicht vorschreiben lässt, was man zu fragen hat. Am liebsten ist es mir, wenn man mich in die Ideensuche und Vorbereitung miteinbezieht. Dafür investiere ich gerne auch viel Zeit.

Was sind die Grundpfeiler einer guten Moderation?

Man muss Freude haben, jemandem eine Geschichte erzählen zu können, ob das zwei Kinder oder 5000 Personen sind, die einem zuhören. Für mich ist wichtig, dass man sich selber nicht in den Mittelpunkt stellt. Es ist keine Hartmann-Show, sondern ich bin Moderator. Moderieren heisst verbinden, Kontakte zwischen dem Publikum und den Menschen auf der Bühne herzustellen. Die wichtigste Voraussetzung ist, 360 Grad mit allen Sinnen für alles offen zu sein und auf Unvorhergesehenes spontan eingehen und gut reagieren zu können. Es geht nicht darum, Sätze auswendig zu lernen, das überlassen wir den Schauspielern.

Welche Ziele und Visionen haben Sie?

Je länger je wichtiger ist für mich, dass Google und andere Plattformen den Content nie ersetzen werden können. Je länger je mehr unsere Medien zu Plattformen werden, desto mehr gewinnen wir, die Content liefern, an Bedeutung. Diese Entwicklung freut mich. Auch bei Events spüre ich, dass der Content immer wichtiger wird. Es gab eine Zeit, da war die Technik wichtiger als der Inhalt. Den Trend «reduce to the max» finde ich spannend. Die Leute nicht langweilen ist oberste Maxime. Ich freue mich auf alles, was noch kommt. www.andreasundconrad.ch/artist/nik-hartmann


 

Nik Hartmann

Nik Hartmann, 1972 geboren, stieg 1996 bei Radio 24 in die Medienwelt ein. Seit 1999 arbeitet er für das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), zuerst als Autor und Texter, seit 2005 als Moderator. Er moderiert Unterhaltungsformate auf SRF 1 wie «SRF bi de Lüt – Live», «Wunderland» und «Gipfelstürmer» oder die Spendenaktion «Jeder Rappen zählt» von SRF zwei und Radio SRF3. 2010 wurde Nik Hartmann mit dem Schweizer Fernsehpreis «Star» ausgezeichnet und somit zum beliebtesten Schweizer Fernsehmoderator gewählt. Er ist verheiratet und lebt mit seiner Ehefrau Carla und seinen drei Buben in Buonas (ZG).