«Tiefere Segmentierung wird noch wichtiger»

Im aktuellen Gespräch: Barbra Steuri-Albrecht, Leiterin des SCIB (Switzerland Convention & Incentive Bureau) bei Schweiz Tourismus.
Barbra Steuri-Albrecht
Barbra Albrecht

Frau Steuri-Albrecht, was war Ihre erste Reaktion, als Sie am 15. Januar von der Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Nationalbank erfahren haben?

Wie alle in der Schweiz war ich überrascht. Für uns ist das natürlich eine riesige Herausforderung, wir sind genauso stark betroffen wie der Freizeit- Tourismus. Die Schweiz war noch nie günstig und ist es jetzt erst recht nicht.

Hat dieser Entscheid spürbare Auswirkungen auf die Nachfrage und Buchungen von Kongressen und Veranstaltungen in der Schweiz?

Ja, denn wir stellen fest, dass bestätigte Konferenzen nochmals überprüft und nachverhandelt werden. Die Situation verunsichert Kunden, denn die für 2015 aufgestellten Budgets können nicht mehr eingehalten werden. Zwischen Organisatoren und Leistungsträgern finden intensive Gespräche statt. Es muss ausgelotet werden, wo man den Kunden noch entgegenkommen kann. Gewisse Veranstaltungen werden redimensioniert oder es werden Leistungen gestrichen, um den Währungsverlust möglichst auszugleichen.

Gewisse Kunden versuchten auch, die Schweiz gegen andere Länder auszuspielen. Ich weiss von zwei konkreten Fällen, die wir letztlich aber in der Schweiz halten konnten.

Was raten Sie Ihren Partnern, den Leistungsträgern?

Unsere Partner sind ganz klar gefordert. Wenn es Anfragen und Interesse für die Schweiz gibt, dann ist es jetzt noch wichtiger als zuvor, diese höchst professionell und schnell zu beantworten, zusammenzuarbeiten und nicht einfach eine 08/15-Offerte zu versenden.

Eine klare Fokussierung auf die Wünsche des Kunden und auf das, was wir bieten können, ist unabdingbar, um Kunden für eine Veranstaltung in der Schweiz zu gewinnen. Added values spielen dabei eine immer wichtigere Rolle, so etwa das Gratis-Bergbahnticket im Sommer oder das Ticket für den städtischen öffentlichen Verkehr, das in den Übernachtungspreisen inbegriffen ist. Es gibt viele weitere solcher Beispiele. Diese Goodies müssen wir vermehrt in den Vordergrund rücken und thematisieren.

Dass sich Kunden möglichst einfach und effizient Informationen beschaffen können, ist ein weiterer wichtiger Punkt. Darum haben wir im März den Online Meeting Planner lanciert.

Wie schätzen Sie die aktuelle Situation ein?

Das Gute ist, dass sich Pfund und Dollar gut erholt haben. Aber in den Euro-Märkten stehen wir weiterhin vor grossen Herausforderungen. Wir und unsere Partner müssen einfach noch mehr leisten, da gibt es nichts zu beschönigen. Man gewöhnt sich nach einer gewissen Zeit an die neue Situation, aber wir dürfen nicht vergessen, dass das benachbarte Ausland uns nicht schont und mit attraktiven Angeboten und Argumenten versucht, Buchungen für sich zu gewinnen.

Gibt es Tendenzen, dass Schweizer Unternehmen vermehrt Anlässe im grenznahen Ausland durchführen, um vom tiefen Euro zu profitieren?

Ich weise Schweizer Unternehmen immer wieder darauf hin, bei Veranstaltungen im Ausland die Anreise- und Übernachtungskosten nicht zu vergessen. Unser gut ausgebauter öffentlicher Verkehr und die Tatsache, dass viele Schweizer ein Halbtax-Abo haben oder von sonstigen Vergünstigungen profitieren können Von konkreten Fällen, wo Schweizer Unternehmen nur wegen des schwachen Euro mit ihren Veranstaltungen ins Ausland abgezogen sind, habe ich bisher aber nicht gehört. Hingegen weiss ich, dass unsere ausländischen Konkurrenten potenzielle Schweizer Kunden intensiver angehen als auch schon.

Was unternimmt das SCIB, um in dieser herausfordenden Marktsituation Gegensteuer zu geben?

Wir haben die Situation analysiert und Massnahmen erörtert. Wir sind zum Schluss gekommen, dass wir die Marktbearbeitung Europa unbedingt beibehalten müssen, denn der Zweckder Schwächung des Euro ist ja, die Exportwirtschaft in Europa anzukurbeln. Und die europäische Exportwirtschaft ist der Bereich, der auch viele Meetings, Produktpräsentationen usw. durchführt.

Wenn es diesen Unternehmen wieder gut geht, dann wird auch der Bedarf nach Meetings, die Bestandteil ihrer Marketingstrategie sind, wieder steigen. Wir wollen da am Ball bleiben, denn nebst dem Heimmarkt entfällt auf Europa noch immer mit Abstand der grösste Anteil an Veranstaltungen in der Schweiz.

Die Schweiz ist aber kein Land für jede Veranstaltung. Wir müssen in der Segmentierung noch tiefer gehen und diese branchen s p e z i f i s c h ansprechen. Das bedeutet auch, dass die Aufwendungen in den europäischen Quellmärkten für ein ähnliches Resultat steigen werden und wir uns noch mehr anstrengen müssen.

Im Moment läuft ja die erste Phase der von Schweiz Tourismus lancierten Stabilisierungskampagne im Heimmarkt. In der dritten Welle, die im Herbst startet, wird dann auch das MICE-Geschäft abgedeckt. Da werden wir den Schweizern alle Vorteile von Veranstaltungen in der Schweiz aufzeigen.

Werden Märkte ausserhalb der Euro- Zone jetzt noch stärker bearbeitet?

Wir haben vor fünf Jahren begonnen, im MICE-Segment neue Märkte zu bearbeiten. Darauf können wir nun weiter aufbauen. Insbesondere bei Incentive- Reisen aus Asien konnten wir markant zulegen. Hingegen liegen wir zurzeit aus Europa bei den Anfragen, die über uns laufen, im Vergleich zum Vorjahr um 10% zurück. Wir überlegen uns einen Ausbau in Asien, wo wir bereits in Südostasien, China und Indien vertreten sind.

Der gesamte Mittlere Osten ist auch auf unserer Watchlist, während sich die USA bereits wieder gut erholt haben. In Südamerika wiederum haben wir bereits ein Standbein in Brasilien. Letztlich kommt es aber darauf an, wie wir diese zusätzliche Massnahmen und Kampagnen finanzieren können.

Barbra Steuri-AlbrechtDer Vorstand von Schweiz Tourismus hat mehr finanzielle Mittel beantragt. Um wieviel Geld geht es da und können Sie uns dazu mehr sagen?

Es geht um insgesamt CHF 270 Mio. für die nächsten vier Jahre. Das sind knapp CHF 50 Mio. mehr als bisher. Am 11. Mai wird die vorberatende Kommission darüber befinden.

Wir hoffen stark, dass das Parlament die sich bietenden Chancen erkennt, die Schweiz Tourismus mit den vom Vorstand beantragten Zusatzmitteln nutzen möchte – gerade auch im Bereich des Kongresstourismus.

Wagen Sie bereits eine Prognose für das laufende Jahr?

Die Zahlen 2014 waren ausserordentlich gut, nicht nur aus Europa. Die aktuelle Euro-Schwäche schmerzt insofern natürlich schon. Im ersten Quartal 2015 sehen wir einen Rückgang. So gesehen gehe ich davon aus, dass wir dieses Jahr nicht mehr auf die Zahlen des Vorjahres kommen werden.

Auch wenn die asiatischen Märkte sich sehr gut entwickeln, die Einbrüche aus Europa können sie noch nicht wettmachen. Dafür sind sie im Vergleich noch auf zu tiefem Niveau. Aber ich bin überzeugt, das Europa-Geschäft wird zu alter Stärke zurückfinden.

Das SCIB wird mit Partner an der IMEX Frankfurt präsent sein. Sind dafür spezielle Massnahmen oder Angebote geplant?

Wir werden mit dem neu lancierten Online Meeting Planner auf Convenience setzen und planen nebst einer starken Präsenz am Stand zusammen mit unseren Partnern verschiedene Events in Frankfurt, zu denen wir Kunden einladen.

Ein enger Kontakt zu bestehenden und die Gewinnung neuer Kunden haben oberste Priorität. Wir wollen in Frankfurt mit einem starken Auftritt überzeugen.

Welche grundsätzlichen Trends erkennen Sie im Veranstaltungsgeschäft?

Der Trend zu Low Profile und zur Kurzfristigkeit bei der Planung und Buchung von Veranstaltungen hält weiterhin an und wird wohl noch eine Weile so bleiben. Konferenzen werden generell kürzer und die Messung des Return on Investment sowie die Einhaltung von Compliance-Regeln gewinnen zunehmend an Bedeutung, was zu einer weiteren Professionalisierung bei der Organisation von Veranstaltungen führt. Einkaufsabteilungen werden involviert.  www.myswitzerland.com/meetings


 

Mit wenigen Klicks zum perfekten Meeting

Schweiz Tourismus hat den «Online Meeting Planner» lanciert. Er hilft Organisatoren von Business-Meetings bei der Planung der nächsten Veranstaltung. Das neue Tool auf MySwitzerland. com/meetingplanner berücksichtigt rund 700 Konferenzzentren, Seminarhotels und ausgewiesene Event-Örtlichkeiten im ganzen Land sowie eine breite Palette an Optionen fürs Rahmenprogramm. Gleichzeitig kombiniert das Tool die unterschiedlichsten Anreisemöglichkeiten.

Nach der individuellen Anpassung der Suchkriterien liefert das Tool die Resultate in einer Übersicht samt Detailbeschreibungen der einzelnen Destinationen, deren Lokalitäten und Aktivitäten vor Ort, dies jeweils mit Bildern und Richtpreisen. Die einzelnen Elemente können in eine Merkliste gefügt werden und anschliessend als Ganzes Kunden und Kollegen per E-Mail oder PDF versendet und jederzeit wieder überarbeitet werden.

Über das kostenlose Online-Tool, das auf Deutsch, Französisch und Englisch zur Verfügung steht, können Interessierte auch direkt beim Switzerland Convention & Incentive Bureau (SCIB) eine unverbindliche Offerte sowie Unterstützung bei der Planung anfordern.

Frau Steuri, es gibt bereits zahlreiche Anfrage- und Buchungsplattformen. Warum braucht es jetzt noch den Online Meeting Planner?

Wir sehen es als unseren Auftrag, eine möglichst umfassende, einfache und effiziente Information an Kunden zu gewährleisten. Firmen, Agenturen, Assistentinnen, Abteilungsleiter, Leistungsträger, ja sogar wir können es nutzen. Heute hat kaum jemand mehr Zeit, sich Informationen mühsam von diversen Webseiten und per Telefon und Mail zu beschaffen.

Welche Vorteile bietet dieses Tool?

Ich bin überzeugt, dass es für alle, die Veranstaltungen organisieren, extrem wertvoll ist. Es deckt die ganze Schweiz ab, ist neutral, es ist keine Kommissionierung hinterlegt, man kann es individuell nutzen, es hat Bilder, Texte, Richtpreise und man kann alle Informationen, die man selektioniert, in einer Merkliste zusammenführen, weiterbearbeiten und weitersenden, ohne jegliche Verpflichtung. Das ist einmalig, das gab es bisher nicht. Und man kann letztlich automatisch auch eine Offerte anfragen. Wir übernehmen dann die Koordination und den Kontakt mit den Leistungsträgern.

Ihre Erwartungen an das Tool?

Wir wollen durch die Convenience, die dieses Tool bietet, mehr Geschäft generieren. Wenn jemand in der Schweiz ein Meeting organisieren möchte, dann ist dieses Tool das einfachste und effizienteste Hilfsmittel, und erst noch unabhängig und kostenlos.

Meetingguide