Attraktivere Jobprofile sind gefragt

Das Engagement der Reisebranche an den Berufsmessen hält sich schwer in Grenzen.

Das Engagement der Reisebranche an den Berufsmessen hält sich schwer in Grenzen. Dass es die Reisebranche offenbar nicht für nötig hält, die Jugendlichen über die Möglichkeiten im Tourismussektor eingehend zu informieren, stösst unter anderem dem Tourismus-KV sauer auf. Man wähne sich offenbar noch in Zeiten, als eine Lehre im Reisebüro als das Nonplusultra galt und sich die Bewerbungen auf den Pulten der HR-Verantwortlichen stapelten.

Doch diese Zeiten sind passé. Zum einen hat das Image einer Reisebüro-Lehre an Sexyness verloren, zum anderen existieren branchenübergreifend mehr Ausbildungsplätze, als Jugendliche eine Lehrstelle suchen. Die Lehrstellen in der Reisebranche werden zudem von Jahr zu Jahr weniger; mittlerweile hält die viertgrösste Branche nur noch 1,6% aller Lehrverhältnisse in der Schweiz.

Welches sind die Gründe, weniger KV-Lernende einzustellen? Oft genannt werden die vielen Absenzen: Nebst den beiden wöchentlichen KV-Schultagen seien auch die überbetrieblichen Kurse für den Betrieb schwer zu verkraften. Zudem delegieren viele Betriebe die anspruchsvolle Aufgabe des Praxisausbildners jenen Mitarbeitern, die gerade erst selber die Lehre abgeschlossen haben. Zwecks Schonung «wertvollerer» Ressourcen?

Ist das Qualifikationsverfahren erst bestanden, stellen sich viele Lehrabgänger die Frage, wohin der Weg denn nun führt. Es besteht ein gesellschaftlicher Druck, eine Berufsmatura zu absolvieren oder eine höhere Ausbildung in Angriff zu nehmen. So wird der Markt nicht zwangsläufig mit Nachwuchstouristikern überflutet. Jene, die eine höhere Ausbildung absolvieren, sind anschliessend jedoch überqualifiziert und es fehlt ihnen an Praxiserfahrung.

Um den Nachwuchs in der Branche halten zu können, sind zwingend attraktivere Jobprofile gefragt. Die Jungen sind durch die hohen Anforderungen bestens ausgebildet und nutzen dies auch oft als Sprungbrett für einen Branchenwechsel mit besseren Verdienstmöglichkeiten. Will die Reisebranche nicht den Anschluss auf dem kompetitiven Markt um den Nachwuchs verlieren, muss ihr bewusst werden, dass sie nicht nur in die Digitalisierung investieren muss – sondern primär in den eigenen Nachwuchs. Geht die Lohnschere gegenüber anderen Branchen noch weiter auf, reicht auch der Reisevirus nicht mehr aus, um die Jungen in der Branche zu halten. Denn reisen können sie auch, wenn sie in einem anderen Gebiet tätig sind – einfach mit vollerem Portemonnaie.

Elisha Schuetz