Der Trend zu weniger Lehrstellen hält an

Im August beginnt für 139 Jugendliche ein neues Kapitel als Nachwuchstouristiker.

139 Jugendliche beginnen im August ihre dreijährige Ausbildung zu Tourismuskaufleuten – 17 weniger als ein Jahr zuvor. 2015 konnte man den Rückgang noch mit dem SBB-Effekt erklären, heute muss man es differenzierter betrachten. Romy Eichenberger von der Internationalen Schule für Touristik (IST) ist Verantwortliche ELearning und Assistentin Branchenkurse und sieht unter anderem die Gründe für den Rückgang bei den Massnahmen in den Betrieben: Die grossen TOs bieten immer weniger Lehrstellen an, dies aufgrund von Reorganisationen sowie Filial- oder Abteilungsschliessungen, während viele kleine Reisebüros schlicht von der Bildfläche verschwinden. Beat Knecht, Ausbildungschef des Schweizer Reise-
Verbandes (SRV), führt primär demographische Entwicklungen an.

Vergleicht man die Zahlen der Lehranfänger gar mit 2008, so gab es damals 120 Lehrstellen mehr auf dem Markt – also beinahe doppelt so viele wie heute. Zudem scheint die Branche «nicht mehr so sexy zu sein wie noch vor zehn Jahren», wie Knecht eingesteht, «heute kämpfen die Lehrbetriebe regelrecht um die besten Bewerber». Trotzdem ist die Zahl der Abbrecher auch dieses Jahr wieder auf gut 13% gestiegen. Eichenberger stellt zudem fest, dass es an der Begeisterung für Geografie und das Weltgeschehen im Allgemeinen bei vielen Lernenden mangelt. «Dies braucht es aber, um ein Vollblut-Touristiker zu werden.» Hat die Branche demnach eher ein Rekrutierungs- als ein Nachwuchsproblem? Knecht sagt, die schulischen Anforderungen im KV seien generell hoch, «und Kreativität, eine Grundvoraussetzung in der Reisebranche, beisst sich oft mit administrativen Begabungen».

Der Rekrutierungsprozess sei komplex, schliesslich müssten ja auch zusätzliche Faktoren wie Alter und Entwicklung der Interessenten berücksichtigt werden. Eichenberger geht einen Schritt weiter und stellt die Frage, ob es sinnvoll sei, primär die Schulnoten zu gewichten, anstatt beim Auswahlverfahren darauf zu achten, ob der Bewerber das essentiell wichtige Gesamtinteresse an der Welt wie auch die nötige Sozialkompetenz und Verkaufsflair
mitbringe: «Dies ist meines Erachtens wichtiger als eine genügende Note im Rechnungswesen.»

Elisha Schuetz