Wo Innovation auf Tradition trifft

Südkorea zählt zu den letzten unentdeckten Schätzen Asiens. Und das erstaunt! Denn hier ist vielerorts die Zukunft längst Gegenwart und dennoch gerät die Vergangenheit nirgendwo in Vergessenheit. So bildet der Spagat zwischen Tradition und Moderne den Rahmen für ein Kaleidoskop unvergleichlicher Reiseeindrücke.

Wie eine Crevette zwischen zwei Walen – so bezeichnet eine in Südkorea geläufige Metapher das ostasiatische Land und dessen Lage. Im Vergleich zu China und Japan ist Südkorea in der Tat ein kleiner Fisch. Umgeben von zwei Giganten nimmt man ihn überdies kaum wahr – auch in touristischer Hinsicht. Ausserdem heimste der kommunistische Bruder im Norden durch sein jahrzehntelanges Gepolter immer mehr Aufmerksamkeit ein, obschon es der Süden war, der sich zu Asiens Musterschüler entwickelt hat. Die angespannte Beziehung zu Nordkorea hing überdies wie ein Damoklesschwert über dem kleinen, aber grossartigen Reiseland Südkorea. Doch der Mangel an touristischer Wahrnehmung birgt auch Vorteile. Jedenfalls für alle Weltentdecker, die sich gerne abseits der globalen Touristenpfade bewegen und fremde Kulturen noch möglichst authentisch erleben wollen. Doch der noch grössere Reiz von Südkorea als Reiseland liegt in seiner Vielzahl an Gegensätzen: Hier prallen Jahrhunderte alte Traditionen und hierarchisch geprägte Gesellschaftsstrukturen auf die bonbonbunte Welt der K-Pop-Kultur und die Innovationkraft der kreativsten Köpfe von Fernost.

Asiens Italiener sind Wandervögel

Dank seines Facettenreichtums mangelt es dem Süden der koreanischen Halbinsel auch nicht an kulturellen Glanzlichtern – im Gegenteil! Pulsierende Städte, buddhistische Klöster, Pagoden und Königspaläste sind bloss einige der Trümpfe, mit denen Südkorea punkten kann. Auch landschaftlich stellt das zu zwei Dritteln mit Hügeln und Bergketten durchzogene Land eine erhabene Kulisse dar – ein echtes Wanderparadies! Obschon sich die temperamentvollen und lebenslustigen Südkoreaner als die Italiener Asiens bezeichnen, gibt es auch mindestens eine Parallele zur Schweizer Volksseele: Wandern ist in Südkorea ein Volkssport. Aufgrund der vielen Anziehungspunkte ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, wie lang das «Land der Morgenstille» noch zu den letzten unentdeckten Schätzen Asien zählt. Und wie lange sein poetischer Beiname den über die gebirgigen Nationalparks verteilten Tempeln und Schreinen oder der Ruhe der kaiserlichen Gärten noch gerecht wird.

Kaffeekränzchen mit Erdmännchen

Was für eine Stadt! Eine Bezeichnung, die Seoul jedoch nur annähernd gerecht wird. Denn in Seouls Grossraum leben mehr als 25 Millionen Menschen, in der City sind es 10 Millionen – mehr als in New York. Seoul ist eine Megalopolis wie aus dem Reagenzglas eines Urbanistik-Tüftlers. Sprechende Rolltreppen und Bankomaten, Roboter, die Flugpassagiere zum Gate begleiten und währenddessen den Boden säubern, das schnellste Internet der Welt und ein an Effizienz kaum zu überbietender öffentlicher Verkehr – all dies ist Teil der exzellenten Infrastruktur der südkoreanischen Hauptstadt. Doch die Seele Asiens, wie die boomende Kapitale auch genannt wird, ist nicht nur technologisch, sondern auch gastronomisch ein Erlebnis: So weist sie nach Tokio die zweithöchste Restaurantdichte der Welt auf – auch eine Vielzahl an kuriosen, aber originellen Themenlokalen wie das Meerkat-Café. Zu den Gastgebern gehören hier nämlich auch mehrere herumstreunende Erdmännchen und andere exotische Tiere. Ein Streifzug durch Asiens Trendsetter-Metropole ist ein urbanes Abenteuer der Extraklasse, repräsentiert die Stadt am Han-Fluss doch quasi das Übermorgen des Landes.

Zeitreise durch die Jahrtausende

Obschon das zukunftsorientierte Seoul nur eine Blickrichtung zu kennen scheint, gewährt die Megacity immer wieder auch Blicke in vergangene Jahrhunderte – beispielsweise im Bukchon Hanok Village. Umgeben von Glas-Stahltürmen wirkt das sorgfältig restaurierte Dorf mit mehr als 900 traditionellen koreanischen Wohnhäusern – sogenannte Hanoks – wie die Heimatstadt eines Zwergenvolks aus der Kaiserdynastie. Einen Katzensprung entfernt thront Gyeongbokgung: der Palast der strahlenden Glückseligkeit. Nebst Seoul ist auch Gyeongju, die ehemalige Hauptstadt des im 1. Jahrhundert v. Chr. gegründeten Silla-Königreich eine Kulturhochburg. Dank ihrer Vielzahl an historischen Sehenswürdigkeiten wird die Stadt im Südosten auch das Museum ohne Mauern genannt. Nicht minder interessant ist das zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Dorf Hahoe, das sein klassisch-konfuzianisches Grundmuster bewahrt hat. Weitere Höhepunkte einer jeden Südkorea-Reise sind unter anderem der Besuch des Austragungsortes der Olympischen Winterspiele 2018 oder der demilitarisierten Zone an der Grenze zu Nordkorea. Glücklicherweise nähern sich die geteilten Länder allmählich wieder an und deren Beziehung beginnt sich zu entspannen.

Vom Sorgen- zum Wunderkind Asiens

Selbst Geschichtsmuffel wird Südkoreas bewegte und bewegende Vergangenheit dazu animieren, die Ohren zu spitzen. Denn schon seit jeher stellt die koreanische Halbinsel geostrategisch gesehen die Crevette zwischen den Walen dar und weckte nicht nur bei den angrenzenden Grossmächten Begehrlichkeiten. Bevormundet und bedroht, attackiert und annektiert, schlitterte Südkorea nach dem zweiten Weltkrieg als ehemalige japanische Kolonie und Spielball kommunistischer und kapitalistischer Ideologien zudem in einen geopolitischen Welt-Konflikt. Dieser gipfelte 1950 im Korea-Krieg und führte schlussendlich zur Teilung Koreas. Danach zählte der Süden zu den ärmsten Ländern der Welt. Nichtsdestotrotz ist es Südkorea in einer Rekordzeit von weniger als fünfzig Jahren gelungen, sich vom Entwicklungsland zu einer Hightech-Nation zu mausern, von einer Militärdiktatur zu einem demokratischen Verfassungsstaat. Was für ein Wandel, was für ein Land!

Vögele Reisen zeigt Ihnen das «Wunder am Han-Fluss», wie Südkorea auch genannt wird, in all seinen Facetten und in den schönsten Reisemonaten – zur Kirschblüte und während des Farbspektakels des asiatischen «Indian Summer».