Das letzte Abenteuer

Der Seeweg nördlich des amerikanischen Kontinents vom Atlantik in den Pazifik (oder umgekehrt) gilt als ultimative Expeditions-Kreuzfahrt.
Crystal

Die Ankündigung sorgte für einiges Aufsehen: Im Sommer 2016 will das 5-Sterne-Kreuzfahrtschiff Crystal Serenity von Crystal Cruises die Nordwestpassage von Alaska nach New York in Angriff nehmen – eine 33-tägige Expeditionsfahrt durch unberührte arktische Gewässer, die ihresgleichen sucht. Noch nie hat ein so grosses Passagierschiff (die Crystal Serenity ist mit 68870 BRZ vermessen) die legendäre Passage durchquert. Das bisher grösste Schiff auf dieser Route ist das Apartmentschiff The World (43530 BRZ), das 2012 die Fahrt unternahm. Fast gleich gross ist das dänische Cargoschiff Nordic Orion (40140 BRZ), das 2013 als erstes Frachtschiff die «Abkürzung» durch die Antarktis dem langen Weg via Panamakanal vorzog.

Eine Handvoll Anbieter

Tatsächlich wird die zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Roald Amundsen erstmals seemännisch durchquerte Passage bereits seit 30 Jahren kommerziell von kleinen Expeditionsschiffen und Eisbrechern befahren – die erste Reise legte 1984 die damalige World Explorer auf. Inzwischen haben sich so bekannte Schiffe wie die Bremen und die Hanseatic von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten, die Le Soléal von Ponant und kürzlich auch die Silver Explorer von Silversea Cruises an die Nordwestpassage gewagt – alles kompakte Schiffe, die weniger als (oder knapp) 10000 BRZ aufweisen. Diese drei Reedereien gelten zusammen mit amerikanischen und kanadischen Anbietern wie Lindblad Expeditions (Schiff National Geographic Explorer), Adventure Canada (Sea Adventure) und One Ocean Expeditions (Akademik Ioffe) als die eigentlichen Nordwestpassage- Spezialisten.

Auch wenn die Nordwestpassage heute mit einer gewissen Regelmässigkeit vom einen oder anderen Schiff durchfahren wird, bleibt sie (trotz Klimawandel) ein Abenteuer. Die arktischen Verhältnisse können von einem Jahr zum andern wechseln, seichte Kanäle, Nebel und Eis sind ständige Risikofaktoren und stellen eine grosse seemännische Herausforderung dar – eine kompakte Grösse und ein flacher Bug der Schiffe gelten deshalb als Vorteil. Nicht selten wird eine geplante Durchfahrt abgebrochen oder nicht vollständig durchgeführt, weil die Verhältnisse zu unsicher sind.

Unabdingbar ist natürlich auch, dass die Schiffe über eine Eisklasse verfügen (eisverstärkter Rumpf). Das gilt auch für die Crystal Serentiy, die mit ihrer leichten Eisklasse 1C eine Verstärkung für Eisdecken bis 0,4 Meter ausweist. Spezielle Expeditionsschiffe ihrerseits sind mit Eisklasse 1A Super (bis 1 Meter), 1A (bis 0,8 Meter) oder 1B (bis 0,6 Meter) ausgestattet, Eisbrecher schaffen gar Eisdecken von zwei bis drei Metern.

Nordostpassage-Premiere

Die Hanseatic, eines der beiden Expeditionsschiffe von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten, hat als erstes nicht russisches Kreuzfahrtschiff im September erfolgreich die Nordostpassage beendet. 6032 Seemeilen legte die Hanseatic während rund eines Monats auf dem Seeweg im Nordpolarmeer entlang der Nordküsten Asiens und Europas von der Beringstrasse bis zum Weissen Meer zurück. Im August 2015 wird nun zum ersten Mal die Bremen die Nordostpassage zwischen Europa und Asien in Angriff nehmen. Die Reise von Tromso nach Nome dauert 31 Tage (11.8. bis 10.9. 2015) und kann ab 21470 Euro (inkl. An- und Abreise) gebucht werden. www.hlkf.ch