Das Buchungsverhalten der Reisenden hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Infolge der Digitalisierung ist es heute jedermann möglich, bequem vom eigenen Sofa aus seine Reise per Smartphone zu buchen; seien dies Flüge, Hotels, Mietwagen, Transfers oder Stadtrundfahrten. Etliche Apps wie Getyourguide, Skyscanner oder Kiwi.com bieten eine kaum überschaubare Vielzahl an Möglichkeiten, um sich über die bevorstehende Reise zu informieren. Oft verfügen sie über einen hervorragenden Algorithmus, der zum Beispiel den preiswertesten Flug auf dem Markt findet – dabei werden enorme Mengen an Online-Daten verarbeitet, um schnell den besten Deal zu finden.
Doch «bester Deal» heisst primär günstig. Und günstig heisst nicht immer auf die Bedürfnisse des Reisenden zugeschnitten. Denn wer möchte schon für eine Reise auf die Kanaren zweimal umsteigen und etliche Stunden am Flughafen vergeuden, auch wenn sich dadurch ein paar Franken einsparen lassen?
Hierbei offenbart sich die grosse Schwäche der Onlineportale: Obwohl die Megasearcher immer mehr Daten der Kunden sammeln und ihr Verhalten im Netz genauestens aufzeichnen, fehlt doch die ganz individuelle Beratung und das massgeschneiderte Angebot für Reisen, die ein bisschen komplexer sind als ein dreitägiger Citytrip nach London. Dies ist einer der Trümpfe der Reisebüros, hier können sie ihr ganzes Potenzial ausspielen.
Quo vadis, Reisebüros?
Das Ende der Reisebüros wurde zwar schon oft heraufbeschworen, und tatsächlich hat es auch in der Schweiz eine massive Konsolidierung in den vergangenen zehn Jahren gegeben. Die Zahl der Reisebüros hat sich auf 1792 reduziert, das entspricht einer Halbierung seit 2003. Allerdings verfügte kein anderes europäisches Land über eine solche Dichte an Reisebüros wie die Schweiz. Die heute noch bestehenden, spezialisierten Reisebüros haben beste Karten, auch in Zukunft gefragt zu sein.
Im Dschungel des Internets
Der Trend zeigt denn auch deutlich in eine Richtung: Die Kunden suchen wieder vermehrt die Beratung und Sicherheit der Reisebüros, die sich mit Experten auf gewisse Destinationen oder Reisearten spezialisiert haben. Selbst die internetaffine junge Generation findet den Weg zurück an den Schalter, da selbst sie von der schieren Anzahl an Möglichkeiten im Internet überfordert sind und schlicht nicht abwägen können, wo ihr Geld seriös investiert werden kann. Vielleicht sind die Jungen auch verunsichert durch Meldungen über Insolvenzen wie bei der Online Travel Agency Unister, dass sie irgendwo auf dem Erdball ohne Hilfestellung stranden könnten. Anderen wiederum ist der Zeitaufwand, sich durch den Dschungel des Netzes zu kämpfen, viel zu gross und umständlich.
Insbesondere bei anspruchsvollen Reisen legt der Kunde Wert auf fundiertes Fachwissen durch ausgewiesene Kenner der Destination. Hochwertige Beratung wird geschätzt und verlangt. Die ganz individuellen Bedürfnisse seiner Stammkunden kennt jeder gute Reiseberater sowieso; da braucht man nicht stets bei Adam und Eva zu beginnen.
Nicht mehr unter Wert verkaufen Längst ist es den Kunden auch bewusst, dass eine solche Dienstleistung auch einen Preis hat und sie sind gewillt, hierfür ein Beratungshonorar zu entrichten. In der Schweiz taten sich die Reisebüros lange schwer mit diesem Schritt – zu gross war die Angst, dass die Kunden mit dem steten Streben nach Schnäppchen einfach abwandern. Doch mittlerweile wurde so manchem Konsumenten
bewusst, dass ein Reisebüro mit Kundengeldabsicherung eine grosse Sicherheit darstellt und dies ein nicht zu unterschätzender Mehrwert ist, der die paar Franken Gebühren mehr als rechtfertigt. Gerade in turbulenten Zeiten will man sich so gut wie möglich absichern – denn die Schweizer sind ein reisefreudiges Volk und lassen sich auch durch Negativmeldungen nicht so schnell die Reiselust verderben. Man wägt jedoch vermehrt ab, in welche Region man reisen will und kann; und zählt hierbei auf die Unterstützung durch die Reisebüroprofis. Der Reisende will denn auch Gewissheit haben, dass er sich im Notfall auf eine kompetente Hilfestellung seitens des Reisebüros oder des Agenten vor Ort verlassen kann.
On- und offline verschmelzen Der stationäre Vertrieb wird sich sicherlich behaupten können – wenn nicht sogar auf bescheidenem Niveau wieder etwas zulegen. Zudem verschmelzen on- und offline immer mehr miteinander. Ein Grossteil der Reisebüros besitzt eine Webpage, auf der Buchungen vorgenommen werden können, und die Digitalisierung wird immer mehr in den Büros integriert. Dem Konsumenten bietet dies ausschliesslich Vorteile: Er kann sich online informieren, sich im Reisebüro eingehend hierüber beraten und zu weiteren Alternativen inspirieren lassen und schliesslich die Buchung dort abschliessen, wo er will. Dass er sämtliche Leistungen aus einem Guss
von einem Veranstalter beziehen würde, wäre sicherlich empfehlenswert, denn so ist der Kunde am besten abgesichert.