Wir bitten zum Kaffee – Wiens boomende Bohnen

Kaffee ist dank umsichtiger Röstereien längst zum differenzierbaren Genussmittel avanciert. In Wien schaut man dem Hype mit Gelassenheit entgegen, weil es hier seit dem 17. Jahrhundert Mikroröstereien gibt.
Café Sperl © WienTourismus / Peter Rigaud

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Die Legende besagt, dass während der Befreiung der zweiten Türkenbelagerung im Jahre 1683 rund 500 Säcke mit Bohnen aufgetaucht seien. Man hielt sie für Kamelfutter und eigentlich hätten sie verbrannt werden sollen. Stattdessen wurden sie geröstet, gemahlen, aufgebrüht und verkauft. Der Entstehungsmythos der Wiener Kaffeekultur ist eine schöne Geschichte. Fest steht hingegen, dass der Armenier Owanes Astouatzatur (alias Johannes Theodat) 1685 als erster und einziger das Recht zugesprochen bekam das belebende türkische Getränk in seinem Kaffeehaus, das eher ein Kaffeezimmer war, anzubieten. Mindestens also seit dieser Zeit wurde in Wien auch Kaffee geröstet. Rösten ist im Prinzip eine einfache Technik, die ab dem 18. Jahrhundert in Röstpfannen auf offenem Feuer in nahezu jedem Haushalt praktiziert wurde. Aber eben. Rösten ist auch eine Kunst und dieser kann man in Wien bestens nachgehen.

Wer zum Beispiel Demeter, Bio und/ oder Fairtrade zertifizierte Kaffees probieren möchte, die schonend, langsam und ohne Tricks geröstet werden, sollte mit Christian Schrödl vom Alt Wien Kaffee  sprechen. Im Geschäft an der Schleifmühlgasse 23, beim Naschmarkt, bieten er und sein Team seit bald 20 Jahren an die 50 Kaffee-Sorten an. Ebenso engagiert geht man im Wiener Rösthaus ans Werk. Die «Hohepriesterin des Kaffeeeinkaufs und Herrscherin über den Röstofen» nennt sich Silvia Maino und das erklärte Ziel der Unternehmung ist kein Geringeres als die edelsten Kaffees der Welt unter die Gourmets zu bringen. Starke Ansage, starker Röstort: am besten besucht man die passionierten KaffeemacherInnen gleich im Kaffeehaus im Prater, wo nicht nur gebrüht und verkauft, sondern auch geröstet wird!

Eine Bewegung geht kaum ohne Rebellen, deswegen ist es gut, dass die Coffee Pirates, also die Vienna Coffee Roasters, neue Wege beschreiten. Wegweisende Techniken, neueste Trends, ein vibrierendes Team, das sich stark an Wettbewerben engagiert, sorgt an der Spitalgasse 17 für einen anhaltend frischen Wind, den die Szene gerne aufnimmt und der inspirierend wirkt. So hat etwa der gelernte Architekt Nikolaus Hartmann seinen Beruf an den Nagel gehängt und 2014 die Kaffeerösterei Süssmund aus Wien gegründet, zu der auch Norbert Rieberer gehört. Auch er hat seien Job in der Finanzbranche gegen die Überzeugung hinzu einer ethischen Wirtschaft mit nachhaltiger Produktion im Kaffeebereich eingetauscht. Klar, dass beide Spezialitätenkaffees lieben und beachtlich, dass Hartmann bereits zweimal den Austrian Brewers Cup gewonnen hat. Sein Wissen und seine Erfahrung gibt er gerne an die Kunden weiter, wenn es darum geht, Kaffee zu Hause richtig zuzubereiten. Denn auch das will gelernt sein. Aber eben. In Wien überflüssig, denn welche Stadt der Welt bietet mehr Kaffeegenuss in traditionellen Kaffeehäusern und in zeitgenössischen Kaffeebars?

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