So wird die Geschäftsreise fair – nicht nur fürs Klima

Die Reise-Non-Profit-Organisation Fairunterwegs lanciert ein Trainingsprogramm für Reiseorganisationen in Firmen.
Businessman checking the time while commuting on his bicycle.

98 Prozent aller Geschäftsreiseverantwortlichen erklärten sich 2020 in einer Umfrage bereit, mehr in sozial- und umweltverträgliches Reisen zu investieren. Dennoch ist der Geschäftsreiseverkehr praktisch wieder am gleichen Punkt wie vor Corona. Dabei hält sich der finanzielle und zeitliche Aufwand für faire und klimaverträgliche Geschäftsreisen in Grenzen, wie ein neues Trainingsprogramm der Schweizer Non-Profit-Organisation Fairunterwegs zeigt, die auch Webinare zum Thema ‘Faire Geschäftsreisen’ anbietet.

Die Zahlen, die Fairunterwegs zitiert, sind eindrücklich: 98 Prozent der Geschäftsreiseverantwortlichen wären bereit, mehr dafür zu zahlen, damit die Geschäftsreisen grüner und fairer werden; 97 Prozent der Mitarbeitenden würden dafür auch mehr Zeit investieren. Dies besagt der Corporate Travel Sustainability Index, eine Umfrage unter 2450 Entscheidungstragenden in führenden Unternehmen und 2000 Geschäftsreisenden in 11 Ländern bereits 2020.

Doch trotz Corona liegt die Anzahl der Buchungen für Geschäftsflüge wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie. Geschäftsreisen sind keine quantité négligeable, weder fürs Klima noch für die Tourismuswirtschaft.

Sie sind für schätzungsweise 8% der Treibhausgasemissionen der Schweiz verantwortlich. Damit liegen sie fast gleichauf mit der Landwirtschaft (10%). Und Reisen aus beruflichen Gründen machten vor Corona rund 7% aller Reisen mit Übernachtungen aus; nahezu drei Viertel davon führten von der Schweiz ins Ausland (BfS, 2020).

Reputation: Aus Risiko wird eine Chance

Werden diese Reisen nachhaltiger, so wird eine beachtliche Wirkung für Klima und die Menschen, die vom Tourismus leben, erzielt. Umgekehrt können Unternehmen aus einem Reputationsrisiko eine Reputationschance machen und Kundinnen, Geldgebenden und Mitarbeitenden ihr Engagement tatkräftig aufzeigen. Und das mit einem überschaubaren finanziellen und zeitlichen Aufwand.

Damit aus einer Geschäftsreise eine faire Geschäftsreise wird, braucht es das Engagement des Managements, der Reisorganisatorin und der Mitarbeitenden. Am eindrücklichsten fördert das Management faire Geschäftsreisen durch das eigene Vorbild.

Das oberste To-do des Managements – von der Verwaltungsrätin über die CSR-Verantwortlichen bis zur Teamleaderin – für menschenrechtskonforme und umweltverträgliche Geschäftsreisen ist: Policy und Reglemente einführen, die auf den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und dem Pariser Klimaabkommen basieren.

Aus Policy eine Praxis machen

Zum Beispiel mit einem Treibhausgasbudget, das pro Mitarbeitenden oder Abteilung eine Maximalmenge an CO2-Emissionen vorgibt. Oder mit der ausdrücklichen Bevorzugung zertifizierter Hotels. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, die Chancengleichheit zu gewährleisten: Alle Mitarbeitenden unabhängig von Geschlecht, sexueller Ausrichtung und Hautfarbe können auf Geschäftsreise gehen.

Die Reiseorganisatorin – das kann ein internes oder externes Reisebüro, die Assistenz oder jemand aus der Administration sein – macht, dass aus der Policy Praxis wird. Sie kann Risiken minimieren, indem sie Menschenrechts- und Korruptions-, Gesundheits- und Sicherheitsrisiken scannt. Ausserdem informiert sie die Reisenden zur gesellschaftlichen Situation und den örtlichen Gepflogenheiten (auch zum Umgang mit Geschenken und Einladungen).

Um den CO2-Ausstoss zu senken, schlägt sie die treibhausgasärmste Reisevariante vor. Die Reiseorganisatorin bezahlt faire Preise und präferiert Angebote mit Nachhaltigkeitszertifikat.

Man muss das Land kennen, um richtig zu reagieren

Ohne faire Geschäftsreisende keine fairen Geschäftsreisen. Mitarbeitende können den CO2-Ausstoss senken, indem sie den Zug, Bus und das E-Bike bevorzugen und den Flug kompensieren. Sie machen keine Eintagesreisen. Im Gegenteil: Die Mitarbeitenden versuchen nach der Geschäftsreise noch freie Tage anzuhängen oder gar einen Mix von Arbeit in der Gegend und Freizeit zu realisieren.

Entscheidend ist die Vorbereitung auf das Reiseland (z. B. wie hierarchisch ist die Betriebskultur?) und auf kritische Situationen (wie geht man mit der Einladung in ein Striplokal um?). Auch zum Geschäftserfolg trägt es bei, die lokale Kultur zu beachten, etwa Lautstärke, Haltung, Gestik und Kleidung der Kultur anzupassen und lokale Angebote zu präferieren. Dabei bezahlen die Reisenden faire Preise (keine Preisdrückerei), wählen zertifizierte Hotels und entrichten das übliche Trinkgeld.

Bei Prostitution und Korruption gibt es kein Pardon. Die Mitarbeitenden blocken sie sofort ab und melden den Vorfall der vorgesetzten Person und dem Compliance-Officer. Im Debriefing reflektieren sie auch eigenes Fehlverhalten, eine diffuse Rechtssituation oder nicht-einhaltbare Vorschriften.

Für faire Geschäftsreisen brauche es einen Extra-Einsatz, räumt Fairunterwegs ein. Aber es lohne sich. «Für die Reisenden, fürs Geschäft, fürs bereiste Land und für die Welt.»

(Business Traveltip)

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