Der digitale Flughafen

Von einfachem WLAN über die neue Beacon-Technologie bis zu waschechten Robotern: Die technologische Entwicklung an den Flughäfen bekommen auch die Passagiere immer mehr zu spüren.
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Seit jeher ist man an Flughäfen von Technologie umgeben, die zu den modernsten ihrer jeweiligen Zeit gehören – anders lässt sich das globale, hochkomplexe Luftfahrt-Geschäft gar nicht bewältigen. Immer mehr stehen nun aber nicht die reinen Abfertigungsprozesse, sondern auch der Passagier und sein Wohlbefinden im Zentrum der technologischen Entwicklung. «Digital Services» sollen den Benutzern des Flughafens helfen, sich schnell und bequem durch die Gebäude zu bewegen, sich gut zurechtzufinden und allfällige
Wartezeiten sinnvoll nutzen zu können.

WLAN gehört dabei mittlerweile zur Grundausstattung eines Airports – häufig kostenlos, wenn auch nur für eine begrenzte Zeit. In Zürich beispielsweise sind es seit letztem April zwei Stunden. Seit rund einem halben Jahr gibt es übrigens eine App, die Zugangsdaten für die Wifi-Netze von Flughäfen rund um die Welt bietet und immer wieder aktualisiert wird: Wifox, erhältlich im App Store, Google Play und Amazon.

Zur Unterhaltung der Passagiere trägt auch bei, dass die Flughäfen Medien-Content öffentlich verfügbar machen. Der Flughafen Zürich wird in Zukunft Live-TV über seine App anbieten; am Flughafen Genf bietet Swiss in einer Pilotphase «E-Media» an, bei dem die Kunden Presse-, Radio- und Fernsehinhalte downloaden und dann direkt oder später an Bord konsumieren können.

VON DER HAUSTÜR BIS ZUM GATE

Immer mehr Flughäfen bemühen sich darum, den Passagieren einen ganzheitlichen Service zu liefern und nicht nur an einzelnen Punkten. So bietet der Flughafen Zürich in seiner App neu einen individuellen Reiseplaner an, welcher den Passagier von der Haustüre bis zum Abfluggate begleitet. Änderungen von Gate oder Flugzeug werden natürlich via Push-Nachricht angezeigt. Der Flughafen Bern kümmert sich derweil sogar um seine Passagiere, wenn sie in der Zieldestination angekommen sind: Seit kurzem bietet er Reiseführer verschiedener Destinationen, die von Bern aus erreichbar sind, auf seiner Website zum Download.

Ebenfalls beliebt an Flughäfen: Reservations- Services, die langes Warten oder böse Überraschungen vor Ort vermeiden sollen. So können bei vielen Flughäfen die Parkplätze oft schon im Voraus online reserviert werden. Beim Euroairport wird es demnächst auch soweit sein. Der Flughafen Bern wiederum hat soeben sein neues Reservationstool für die Lounge aufgeschaltet. Und in Zürich können Passagiere nun schon vor ihrer Reise Duty-Free-Waren bestellen, die am Tag des Abflugs dann abholbereit im Shop liegen.

VON BEACONS UND ROBOTERN

Soweit bewegt sich alles im Rahmen der geläufigen Technologien. Die Flughäfen experimentieren aber auch mit noch weniger verbreiteten Ideen. Auf der «Beacon»- Technologie ruhen grosse Hoffnungen: Dabei wird der ganze Flughafen mit dutzenden oder gar hunderten Bluetooth-Sendern ausgestattet. Diese können mit Smartphones interagieren und erlauben damit eine Standortbestimmung der Passagiere. Auf diese Weise kann ein Flughafen Engpässe erkennen und Passagierströme leiten, und – kommerziell besonders interessant – Shops und Restaurants können Spezialangebote direkt auf die Smartphones schicken, wenn ein Passagier an ihrem Geschäft vorbeigeht. Diverse Airports wie Hamburg, Miami, Tokio Haneda, London Heathrow oder New York JFK setzen Beacons bereits in begrenztem Umfang oder zu Testzwecken ein.

Noch eine Stufe weiter gehen dann tatsächliche Roboter, die den Passagieren am und um den Flughafen bei allerlei Aufgaben behilflich sind. Wir stellen Ihnen nachfolgend vier solcher Roboter vor, gefolgt von einem Interview mit dem Chief Commercial Officer des Flughafens Zürich zur Digital-Services-Strategie seines Airports.

Über eine solche Strategie verfügen übrigens auch kleinere Flughäfen wie der Euroairport Basel. «Wir sind dabei, im Rahmen der langfristigen Entwicklung eine strategische Roadmap zusammenzustellen. Sinnvolle digitale Services mit Mehrwert für die Passagiere werden immer wichtiger; bis 2030 wird es am Euroairport sicher einiges Neues in dieser Richtung geben», heisst es dort.


«Leo»

Im Mai dieses Jahres testete der Flughafen Genf den Gepäckroboter «Leo», der vom Luftfahrt-IT-Anbieter Sita entwickelt wurde. Wie bei «Spencer» in Amsterdam hat auch hier das Westschweizer Start-up Bluebotics die Finger im Spiel. Beim selbstfahrenden Roboter können Passagiere einchecken und ihre Gepäcketiketten ausdrucken. Zudem transportiert er bis zu zwei Koffer mit einem Maximalgewicht von 32 Kilogramm in eine zugeordnete Zone. Er kann Hindernisse umgehen und damit auch in einer Umgebung mit einem grossen Personenaufkommen sein Ziel ansteuern. Allerdings war Leo, der übrigens nach dem italienischen Erfinder und Ingenieur Leonardo da Vinci benannt wurde, nur für einige Tage in Genf anwesend. In dieser Zeit hat er sich aber viele Freunde gemacht. Gelobt wurde vor allem, dass «Leo» das Gepäck schon vor dem Terminal in Empfang genommen hat, was die Schlepperei deutlich verringert hat. Auch der Flughafen selber war begeistert: «Ein Roboter wie ‚Leo‘ kann die Zahl der Koffer im Terminal reduzieren und uns helfen, mehr Passagiere abzufertigen», freute sich IT-Chef Massimo Gentile.

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«Ray»

Mit dem Flug- und Abfertigungsbetrieb hat Roboter «Ray» am Flughafen Düsseldorf nicht direkt zu tun. «Ray» parkiert die Autos der Passagiere im Parkhaus automatisch. Vor dem Abflug fährt man den Wagen in eine Übergabebox, wo er in wenigen Sekunden rundum per Laserscan vermessen wird. Eingecheckt wird an der modernen Terminalsäule direkt an der Übergabestation, und über die «DUS Premium Plus Parking»-App scannt man den Code auf dem Display oder druckt sich ein QRTicket aus. Dann kommt das fahrerlose Transportsystem «Ray» und parkiert das Auto vollautomatisch. Während der Parkzeit ist das Fahrzeug sogar versichert. Und wenn man wieder landet, wird der Wagen für den Inhaber bereitgestellt – aufgrund der zuvor eingereichten Flugdaten weiss «Ray» nämlich, wann wer am Flughafen ankommt.

Seit seiner Inbetriebnahme 2014 hat sich «Ray» offenbar schon einen festen Kundenstamm aufbauen können. Generell sind die Vorbehalte aber trotz Versicherung noch gross: In Spitzenzeiten ist der Roboter zu 60% ausgelastet, in normalen Zeiten gerade mal zu 30 bis 40%. Im Moment ist «Ray» übrigens sowieso nur eingeschränkt verfügbar. Grund: Es wird umgebaut. Im Spätherbst kommt dann der schnellere «Ray 2.0».

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«Eugenius»

Ein weiterer Flughafenroboter wird derzeit im polnischen Breslau getestet – der Beweis, dass auch kleinere Flughäfen an der Entwicklung teilnehmen. «Eugenius» ist ein allgemeiner Service-Helfer: Er beantwortet Fragen, informiert über den neuen Flugplan und spricht mit den Fluggästen übers Fliegen. Entworfen wurde er nicht speziell für Flughäfen, sondern eher für Ausstellungsräume, zum Beispiel Museen. Dennoch erhofft sich Flughafen-Geschäftsführer Dariusz Kus viel von ihm: «Wenn sich der Roboter bewährt, kommen schon bald weitere hinzu. Wir verbessern ständig die Servicestandards im Bereich unseres Flughafens. Das Ziel ist, diese vollständig zu automatisieren. In Zukunft wird mich die künstliche Intelligenz auf dem Posten des Geschäftsführers ersetzen», so sein gewagtes Statement auf der Website der Stadt Breslau.

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«Spencer»

Die niederländische Airline KLM hat im Rahmen eines internationalen Projekts den Roboter «Spencer» entwickelt. Er begleitet einzelne Passagiere oder ganze Gruppen durch den Flughafen Amsterdam-Schiphol. Dabei scannt er die Bordingpässe der Transferpassagiere, überprüft, ob die Gruppe vollständig ist, und führt sie dann zum Gate, wobei er seine Geschwindigkeit der Gruppe anpasst und Hindernissen ausweicht. Nach drei Jahren Bauzeit und Programmierung konnte Spencer im vergangenen Frühling in Amsterdam ausgiebig getestet werden. Es handelt sich gemäss seinen Erbauern um den ersten Roboter im Einsatz an einem Flughafen, der soziale Situationen bewusst wahrnehmen kann. Entsprechend leitet sich auch sein Name von «Social situation-aware PErceptioN and action for CognitivE Robots» ab. Rund 70% der KLM-Passagiere nutzen Amsterdam als Umsteige-Flughafen – kein Wunder, legt die Airline viel Wert auf Entwicklungen, die einen reibungslosen Transfer ermöglichen. Serienreif ist der Roboter aber noch nicht; und auch wenn, legt KLM Wert auf die Feststellung, dass er keine Flughafen-Mitarbeiter ersetzen soll. Vielmehr sollen sich diese dann den Passagieren mit anspruchsvolleren Bedürfnissen zuwenden können.

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