Kleiner ist Trumpf

Effizient und flexibel: Business Jets sind wieder gefragt. Die Firmen backen aber kleinere Brötchen als noch vor der Finanzkrise 2008.
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Die Finanzkrise 2008 hatte die Business-Jet-Branche schwer getroffen. Die Firmen sparten bei ihren Reisekosten, es entstanden Überkapazitäten, die Preise gerieten schwer unter Druck. Seit rund drei Jahren präsentiert sich die Situation etwas entspannter, und die Anbieter und Broker üben sich in vorsichtigem Optimismus. «Langsam erholt sich das Umfeld, und ich gehe von einer weiteren Erholung im Markt aus», sagt Claudio Peer, der Verkaufschef für Flugzeug-Management und Charter im Raum EMEA & Asien bei Jet Aviation Business Jets.

Wachstum sieht er jedoch nur im moderaten Rahmen – und wenn, findet es vor allem in Märkten mit einer steigenden Industrieaktivität wie Zentraleuropa, Mittlerer Osten und Afrika statt.

Der Schweizer Markt wird von den Protagonisten als stabil eingestuft. «Wir haben hier eine hohe Wettbewerbsintensität und einen erheblichen Preiswettbewerb. Gleichzeitig sind die Investitionen des Travel Managements vieler Unternehmen eher vorsichtig. Tendenziell zeichnet sich ein leichter Anstieg der Buchungen ab», weiss Bettina Kaufmann, General Manager Germany von Chapman Freeborn, zu berichten.

Geklotzt wird also nicht mehr; vielmehr berichten die Anbieter von einem «Downsizing». Kaufmann präzisiert: «Die Kunden bevorzugen häufig sehr effiziente Reisemöglichkeiten und sehen tendenziell von luxuriöseren Fluggeräten ab. Insbesondere auf Kurzstrecken (die bei Chapman Freeborn rund 80% ausmachen) wird häufig auf den Preis fokussiert und auf Zusatzleistungen verzichtet. Es wird eher eine preisgünstigere Flugzeugkategorie gewählt, auch wenn es im Fluggerät enger wird und jeder Platz besetzt ist. Dadurch sind die Light Jets die bevorzugte Flugzeugkategorie der Geschäftsreisenden.»

Diese Beobachtung macht auch Peer von Jet Aviation – und er registriert Auswirkungen auf den Preis. «Eigentlich zieht sich die Tiefpreislage wegen des vorherrschenden Überangebots durch sämtliche Flugzeugkategorien. Aufgrund der ‹Downsizing›-Tendenzen der Firmen ziehen die Preise in der Einstiegsklasse – die Entry Level Jets wie z.B. Mustang oder Embraer 100 – wieder etwas an und liegen nun um ca. EUR 200 pro Stunde höher als zuvor.»

KONKURRENZ DURCH LINIENFLÜGE?

In der Schweiz seien jedoch nur wenige Maschinen aus den Segmenten Very Light, Light und Midsize mit einheimischer Registrierung verfügbar, weiss Claudia Schimansky, Manager Private Jets Continental Europe von Air Partner. «Als Broker können wir hier speziell bei der Vermittlung von Flugzeugen aus dem Ausland behilflich sein.»

Weitere Eigenheiten des Schweizer Marktes: Durch die gute Linienfluganbindung würden sich vor allem preissensitive Kunden eher für diese Reiseart entscheiden, sagt Schimansky. Dem widerspricht Peer von Jet Aviation: «Die gute Anbindung ist kein Nachteil. Aber sie führt zu einer noch höheren Erwartungshaltung an die Business Jets, sprich die Verbindungen müssen noch besser und flexibler sein.» Probleme im hiesigen Markt sieht Peer vielmehr bei den Start- und Landeslots in Zürich und Genf, die immer schlechter verfügbar sind.

Einig sind sich die Anbieter, dass die Schweizer Kunden sehr loyal sind. «Häufig ist es für den Kunden wichtig, mit einem Schweizer Unternehmen zu arbeiten und einen Schweizer Ansprechpartner zu haben», sagt Kaufmann von Chapman Freeborn. Ihre Firma lässt sich hierzulande deshalb von Covio SA Aviation Services vertreten.

LANDUNG VOR DER FABRIK

So sehr der Markt sich auch verändern mag – die Gründe, weshalb sich Firmenkunden für das Chartern eines Business Jets entscheiden, bleiben dieselben. In erster Linie geht es um Flexibilität und Effizient. «Im Zeitalter der Globalisierung ist das ständige Reisen zwischen Produktionsstandorten, neu zu erschliessenden Wachstumsmärkten und dem eigenen Unternehmenssitz unerlässlich und erfordert ein hohes Mass an Mobilität», erklärt Kaufmann von Chapman Freeborn, «zeitraubende Formalitäten und Wartezeiten am Check-in-Schalter sowie unnötiges Umsteigen entfallen bei einem Flugzeugcharter.» Durch den flexiblen Einsatz könnten häufig mehrere Destinationen innerhalb Europas angeflogen, Hotelübernachtungen eingespart sowie wertvolle Arbeitszeit effizient genutzt werden, führt Kaufmann weiter aus.

Und wenn eine Sitzung einmal etwas länger dauere, würden Crew und Flugzeug auf den Kunden warten. Zudem können je nach Grösse des Fluggeräts auch sehr kleine Flughäfen, z.B. innerhalb eines Werksgeländes, angeflogen werden. Schimansky von Air Partner ergänzt hierzu: «Gerade Roadshows, bei denen viele Destinationen in kürzestem Zeitraum angeflogen werden müssen, sind mit Linienflügen oft gar nicht darstellbar.»

DISKRET UND SICHER

In zweiter Linie wird Diskretion genannt – im Office über den Wolken können Meetings mit Geschäftspartnern abgehalten oder der letzte Feinschliff an einer Präsentation vorgenommen werden. Und nicht zuletzt biete ein Business Jet auch mehr Sicherheit, gerade in Zeiten des Terrorismus, ist Schimansky von Air Partner überzeugt. Der Komfort eines Business Jets wird von den Protagonisten hingegen erst an letzter Stelle genannt – er scheint also kein Hauptkriterium für den Entscheid zu sein, sondern eher ein angenehmer Nebeneffekt.