Auf eine Floskel sollten Firmen unbedingt verzichten, wenn sie Mitarbeitende oder Kunden aufs Schiff einladen: «Wir sitzen alle in einem Boot.» Das zeugt nicht von besonders viel Kreativität. Ansonsten spricht jedoch Vieles dafür, das nächste Seminar, die GV, das Firmenfest, den Teambuilding-Event oder die Produktpräsentation aufs Wasser zu verlegen. Zum Beispiel auf einen Schweizer See oder Fluss. Denn die Schifffahrtsgesellschaften hierzulande haben in den vergangenen Jahren einiges investiert, um nicht nur für Ausflugsfahrten, sondern auch für Firmenveranstaltungen attraktiv zu sein – professionelle Seminar infrastruktur findet man ebenso wie Ideen für launige Rahmenprogramme und On-Board- Catering in verschiedensten Preislagen.
Nahezu bei allen Anbietern können Firmen Ausflugsdampfer, Kursschiffe, Fähren oder sogar spezielle Seminarschiffe exklusiv für ihren Anlass chartern. Passende Schiffe – von nostalgisch bis topmodern – gibt es sowohl für Kleingruppen von 20 oder 30, als auch für Grossveranstaltungen mit mehreren Hundert Personen. Um die fehlende Konzentration der Mitarbeitenden muss man sich keine Gedanken machen. Findet ein Seminarprogramm statt, liegen die Schiffe meist fest am Anleger. Nur auf Wunsch oder für das Freizeitprogramm geht es raus aufs Wasser. Und was ist mit den Kosten? Diese lassen sich zumindest bei den grösseren Anbietern recht gut kalkulieren. Sie bieten – wie man es von den Tagungshotels an Land gewöhnt ist – professionell gestaltete Business-Packages und Tagungspauschalen an, die man online schon im Vorfeld querchecken kann. Auch gibt es meist Grundrisse online, auf denen die Platzverhältnisse an Bord schnell klar werden.
Kaspar Stettler, Verkaufsleiter Schiff bei der BLS in Bern, kann die Vorteile eines Firmenanlasses auf dem See (in seinem Fall Thuner- und Brienzersee) in wenigen Sätzen beschreiben: «Es ist eine Aktivität, die für alle machbar ist. Es ist wettersicher, sogar bei Nebel herrscht eine mystische Stimmung auf dem See, während man den Event in den Bergen nicht durchführen könnte. Zudem hat der Event auf dem Schiff einen exklusiven
Charakter und ist eine harmonische Sache.» Sein Branchen-Kollege Reto Marzer von der Schifffahrtsgesellschaft Zugersee (Zugerund Ägerisee) ergänzt: «Es gibt immer eine fantastische Aussicht, keine Störung durch andere Gäste sowie individuelle Dekorationsmöglichkeiten.» Was beide wichtig finden: ein gutes Essensangebot. Beim Zugersee kommt dieses aus der Bordküche, die BLS hat fixe Cateringpartner für verschiedene Ansprüche. Was beide bescheidenerweise nicht erwähnen: Die Schiffe sind teils richtige Prunkstücke, manche weit über 100 Jahre alt, die mit Jugendstil-Salons oder bei neueren Modellen mit topschicken Bars oder Lounges ausgestattet sind. Natürlich gibt es aber auch schlichtere Varianten.
VON PIRATENÜBERFALL BIS JETBOAT-TRIP Was beim Angebot der Zuger zudem besonders ins Auge fällt: die fixfertig buchbaren Rahmenprogramme. Vom «Dinnerkrimi» über den «Piratenüberfall» bis zum «illegalen Glücksspiel» (und auch harmloseren Themen) können Firmen zu Pauschalpreisen pro Person Bordunterhaltung für ihre Mitarbeitenden oder Kunden buchen. Noch rasanter geht es bei der BLS-Partnerin Jetboat Interlaken zu. Dort können Firmen ihre Mitarbeitenden im Sommer auch per Schnellboot über den Brienzersee schicken. Ein BLS-Schiff holt die Passagiere dann wieder ab.
Ein grosses Angebot haben natürlich auch der Zürichsee und der Vierwaldstättersee, aber z.B. auch das Drei-Seen- Land. Als grösstes Schifffahrtsunternehmen der Schweiz bietet die SGV (Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees) vom nostalgischen Schaufelrad-Dampfer mit Jugendstil-Salon bis zur topmodernen Yacht mit Cabrio-Dach nahezu alles, was die Binnenschifffahrt so hergibt. Diverse Schiffe eignen sich sogar für Roadshows, Ausstellungen und Messen, auch Autos haben Platz an Bord. Neuestes Projekt der SGV: Ab Mai ist die «MS 2017» auf dem Vierwaldstättersee unterwegs.
A propos Autos: Auf dem Zürichsee lassen sich selbst Fähren für Extrafahrten chartern. Wenn die Zürichsee-Fähre Horgen-Meilen AG nicht alle Fähren im Einsatz hat, können «Burg», «Zürisee» oder «Schwan» für bis zu 70 Personen bestuhlt werden. Ein netter Kleinanbieter auf dem Zürichsee ist auch Eventschiff.ch, der ein altes Kiesschiff mit viel Liebe umgebaut hat. Mit offenem Oberdeck wird es zur Location für Apéro-Fahrten, Seminare, Casino-Abende, Golfturniere oder Yogaseminare. Im Kanton Schwyz (Rapperswil) ist gar Feuerwerk an Bord erlaubt. Zudem kann die schwimmende Insel «Dream Island» für Mini-Gruppen gemietet werden.
Ansonsten ist die ZSG (Zürichsee Schifffahrtsgesellschaft) für den Zürichsee zuständig und bietet neben Schiffen auch ihre Werfthalle am See als Eventlocation für Grossanlässe an. Laut Sprecherin Wiebke Sander geht der Trend der Firmenanlässe ganz klar Richtung grössere Gruppen. «Während früher einzelne Abteilungen ein Schiff gebucht haben, ist es heute vermehrt die ganze Firma.» Gerade im Raum Zürich, wo es ein beschränktes Angebot an Locations für grössere Gruppen gebe, seien die Schiffe auf dem See eine gute Ergänzung.
Auf dem Schweizer Teil des Bodensees hing man der Konkurrenz in Sachen Seminarangebot zuletzt etwas hinterher. Hier wird nun bis April 2017 aufgerüstet: «Meine Yacht für einen Tag» heisst das Angebot, das durch den Umbau der 60-jährigen MS Säntis (Investitionsvolumen: rund CHF 2 Mio.) möglich wird. Ein grösseres Unterdeck, das für Konferenzen sowie als Lounge oder Bankett für bis zu 120 Personen bestuhlt werden kann, moderne Eventtechnik, neue Küche, Ambiente im nautischen Stil: In diesem Boot will man doch gerne sitzen, oder eben in einem der vielen anderen schwimmenden Eventlocations auf Schweizer Gewässern.
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