Städte wollen keinen Preiskampf

Das Jahr 2020 ist vor allem für den Städtetourismus wirtschaftlich katastrophal.
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Anlässlich eines Webinars, organisiert von Skal International Berlin, äusserten sich die Städtetourismus-Chefs Burkhard Kieker für Berlin, Geraldine Knudson für München, Norbert Kettner für Wien und Martin Sturzenegger für Zürich zur Frage, wie sie die Probleme, vor allem aber auch die Chancen des Tourismus-Neustarts in ihren jeweiligen Metropolen einschätzen.

Das Jahr 2020 ist vor allem für den Städtetourismus wirtschaftlich katastrophal. Burkhart Kieker hofft für Berlins Tourismuswirtschaft bis Ende 2020 rund 30 bis 40% des Vorjahresumsatzes zu erzielen, aber auch das nur «mit Glück». Selbst wenn in der zweiten Jahreshälfte «einige Zehntausend» kleinere Veranstaltungen stattfinden könnten, würde die Stadt bis Jahresende zwischen 80 und 90% ihres einst erwarteten MICE- und Kongressgeschäfts verloren haben. Hotels und Attraktionen bräuchten jetzt vor allem Umsätze. Ein Preiskampf sei dabei kaum vermeidbar.

Das Produkt nicht verramschen

Geraldine Knudson und Martin Sturzenegger möchten Preisschlachten für ihre Städte vermeiden. «Wir wollen unser Produkt nicht verramschen», sagte Knudson, «weil sich die Preise danach nicht wieder erholen.» Sie sehe eine Chance, jetzt statt auf erneuten Übertourismus verstärkt auf die «zahlungskräftigen Kulturreisenden» zu setzen, die bereit und in der Lage seien, für Qualität und nachhaltiges Reisen angemessen zu zahlen. Es dürfe und werde für lange Zeit kein «Zurück zu dem, was es war geben.» Jetzt gehe es darum, Vertrauen bei anspruchsvollen Kunden aufzubauen.

Martin Sturzenegger rechnet für Zürich mit keinem drastischen Einbruch der Preise. Es gebe zwar jetzt ein Programm, Hotels um 20% günstiger als zuvor anzubieten. Dies würde aber dadurch ermöglicht, dass diese Buchungen gebührenfrei über die Zürich Tourismus laufen, Zahlungen der Hotels an kommerzielle Mittler in ähnlicher Grössenordnung dabei also entfielen.

Norbert Kettner sieht den Tourismus in Wien durch die Corona-Krise um «mindestens zehn Jahre zurückgeworfen». Der Umsatzverlust allein im Kongressgeschäft liege bei EUR 100 Mio. im Monat. «Das Jahr ist wirtschaftlich nicht zu retten». Eine spürbare Erholung sei nicht vor 2021 zu erwarten, vielleicht erst 2024.

Den kultivierten, zahlungskräftigen Kulturtouristen hätte zwar auch Wien gern zu Gast. Aber: «Es wird eine Rabattschlacht geben», erwartet Kettner, «die Unternehmen brauchen Cash-flow». Die Frage werde dann nur sein: «Wie kommen wir da wieder raus?» Kettner beobachtet, dass bei den Reisenden die Sehnsucht nach Live-Erlebnissen immer stärker werde. «Das macht mich optimistisch».

Digitalisierung als Chance

Alle vier Tourismuschefs sehen grosse Chancen in der Digitalisierung. Dabei gehe aber vor allem um intelligente Open-Data-Strukturen, die vielfältigste Angebote bündeln und Informationen für unterschiedlichste Marketing-Aktionen sofort abrufbar bereitstellen.

Digitale Erfahrungen würden aber reales Reisen nicht ersetzen, sagte Norbert Kettner. Digitale Angebote müssten vor allem in ihrem Nutzwert für das reale Reisen verbessert werden, befand Sturzenegger: «Der Kunde muss im Vordergrund stehen. Geraldine Knudson sieht auch Nachfrage nach neuen digitalen Geräten, die berührungsfrei von den Reisenden mit ihrem gestiegenen Sicherheitsbedürfnis bedient werden können. «Das ist ein Weg, die Branche mitzunehmen.» (MICE-tip)