Schweiz Tourismus prognostiziert Erholung des China-Markts

Nach der Aufhebung der Null-Covid-Strategie in China, rechnet Schweiz Tourismus mit einer deutlichen Markterholung bereits für Sommer 2023.
Daniela Chiani, Marktleiterin Greater China, Schweiz Tourismus @Schweiz Tourismus

Kurz vor Jahresende hat China seine ‘Null-Covid-Strategie’ aufgehoben und seit dem 8. Januar 2023 kann man wieder ohne Quarantänepflicht in China einreisen. Wegen der unmittelbaren Aufhebung der ‘Null-Covid-Strategie’ wird China gerade von einer Corona-Welle heimgesucht, welche einige europäische Länder zur Einführung eines Testregimes für Ankünfte aus China bewegte.

Bis 2025 wieder beinahe auf Vorpandemie-Niveau

Wegen oder trotz dieser jüngsten Entwicklungen, geht Schweiz Tourismus davon aus, dass sich bereits für Sommer 2023 eine deutliche Erholung der Gästezahlen aus China einstellen wird. Bis 2025 sollen sich die Gästezahlen schrittweise wieder dem Niveau von vor der Pandemie annähern:

2023 45 % ca. 800’000 Logiernächte
2024 80 % ca. 1’450’000 Logiernächte
2025 90 % ca. 1’700’000 Logiernächte

 

Die prognostizierte Erholung ist von sechs Faktoren abhängig:

Faktor 1: Pandemiebezogene Massnahmen

Faktenlage:
Seit 8. Januar 2023 besteht bei der Einreise in die Volksrepublik China zwar keine Quarantäne-Pflicht mehr, nur noch die 48h-Testpflicht. Verschiedene Länder (unter anderen Frankreich, Spanien, Italien und Grossbritannien) haben die Pre-Arrival-Testpflicht für Einreisende aus China wieder eingeführt. Derzeit ist ungewiss, ob eine Schengen-weite Regelung implementiert werden soll. Die Schweiz wird voraussichtlich keine eigenen, von Schengen abweichenden Regelungen einführen.

Erwartete Entwicklung:
Es zeichnet sich ab, dass sich die pandemische Situation im Verlaufe des Frühlings beruhigt, und pandemiebezogene Massnahmen kein wesentliches Hindernis für den internationalen Reiseverkehr aus Greater China in Richtung Europa mehr darstellt.

Faktor 2: Ökonomische Voraussetzungen

Faktenlage:
Internationale Finanzinstitute sehen für 2023 eine positive Entwicklung der chinesischen Wirtschaft voraus mit einem prognostizierten Wirtschaftswachstum (BIP) zwischen 4.3 und 5.2% (versus 2.7% im Jahr 2022). Mitte Dezember hat die chinesische Regierung verkündet, 2023 einen klaren Fokus auf die Rückgewinnung des Konsums zu legen durch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen und eine Erhöhung der Konsumqualität. Basierend auf den Erfahrungswerten in Südkorea, Taiwan und Hongkong, hat sich der private Haushaltskonsum im Quartal direkt nach der Aufhebung der Massnahmen verschlechtert, um sich im Anschluss danach, im zweiten Quartal wieder zu erholen.

Erwartete Entwicklung:
Im ersten Halbjahr wird mit Entspannungen der Engpässe den bei Ressourcen- und Versorgungsketten gerechnet. Von einer signifikanten Erholung der Wirtschaft und einem erneuten Wachstum gehen Fachleute frühstens im zweiten Halbjahr aus. Erwartet wird hier eine ähnliche Entwicklung wie in anderen Ländern, die nach der Wiederöffnung mit sporadischen Engpässen durch Covid-Ausbrüche zu kämpfen hatten.

Wahrscheinlich ist ein kurzzeitiger Anstieg der Nachfrage in gewissen Konsumbereichen, welche durch die Pandemie eingeschränkt waren, z.B. das Reisen (revenge travel).

Faktor 3: Verfügbarkeit Reisedokumente

Faktenlage:
2021 wurden gemäss Medienberichten in China rund 30 Millionen Reisepässe ausgestellt. Per sofort ist die Ausstellung von Pässen wieder möglich und dauert rund zehn Arbeitstage.

Erwartete Entwicklung:
Aktuell sind keine Engpässe bekannt. Die Verfügbarkeit von Reisedokumenten dürfte somit kein Hindernis für Auslandreisen darstellen.

Faktor 4: Visa-Situation

Faktenlage:
Für Reisen nach Europa gilt lediglich für die Volksrepublik China Visumspflicht. Reisende aus Taiwan und Hongkong reisen visumsfrei.

Alle Schengen-Vertretungen, inklusive der Schweiz haben in China ihre Visa-Sektionen personell auf Minimalbesetzungen heruntergefahren. Der Rekrutierungsprozess wird herausfordernd, da für die Visa-Entscheide nur Schengen-Bürgerinnen und -Bürger eingesetzt werden können. Bis zur Sommersaison ist die Situation auf Schengen-Ebene kaum gelöst und wird insbesondere in der Hochsaison zum Wachstumshemmer.

Erwartete Entwicklung:
Schweiz Tourismus (ST) erarbeitet mit den zuständigen Behörden im EDA und EJPD Massnahmen, um zumindest für die wichtigsten Reiseveranstalter von Hauptdestinationsreisen in die Schweiz ausreichende Antrags-Slots sicherzustellen. Damit dürften die schlimmsten Engpässe abgedämpft werden.

Faktor 5: Flugsituation

Faktenlage:
Das internationale Passagierflugnetz zwischen China und dem Rest der Welt ist zum jetzigen Zeitpunkt pandemiebegingt massiv eingeschränkt. Trotz der weitgehenden Aufhebung der Covid-Restriktionen wird der erneute Ausbau der Flugverbindungen insbesondere durch Luftraumeinschränkungen aufgrund des Ukraine-Kriegs limitiert. Zudem ist bei vielen Fluggesellschaften der Bewegungsspielraum ressourcenbedingt (Cabin Crews, Flugzeuge) vermindert. Die Anbindung von China an Europa wird mittelfristig noch stärker auf Umsteigeverkehr bauen müssen. Davon werden insbesondere die Airlines des Mittleren Ostens (insb. VAE, Katar, Saudi-Arabien, und Türkei) als attraktivste Umsteigeoptionen profitieren. Chinesischen Gesellschaften kommt wohl zugute, den russischen Luftraum uneingeschränkt überfliegen zu dürfen. Seitens SWISS bleibt die Wiederaufnahme der Direktverbindungen nach Shanghai und Beijing abzuwarten, Hongkong wird derzeit fünfmal wöchentlich angeflogen. Ausserdem wird Air China ab Ende Januar die Verbindung nach Genf wieder aufnehmen. Eine für das Sommerhalbjahr detaillierte Aussage zum Luftverkehrsnetzwerk wird nach Experteneinschätzung ab Mitte Februar 2023 möglich sein.

Erwartete Entwicklung:
ST geht davon aus, dass ausreichende Flugverfügbarkeit ein wesentlicher einschränkender Faktor im gesamten 2023 bleiben dürfte. Nachfragebedingt ist es denkbar, dass kurzfristig temporäre Fluglösungen (z.B. Charterverbindungen) eingesetzt werden, um insbesondere in der Sommersaison die zu erwartende Nachfrage zu befriedigen. Entsprechend werden hohe Flugpreise erwartet, analog anderen wieder aufgestarteten Destinationen.

Faktor 6: Unterkunftsverfügbarkeit in der Schweiz

Faktenlage:
Während den drei Pandemiejahren hat die Schweizer Unterkunftsbranche gelernt, ohne den chinesischen Quellmarkt zu geschäften. Insofern dürfte in der Schweiz die Wiederaufnahme von Geschäftsbeziehungen zum Reisemittlermarkt zäh erfolgen. Destinationen mit starkem Asienfokus (insb. Berner Oberland, Engelberg) sowie die Städte-Peripherien (z.B. Kriens, Grossraum Flughafen Zürich) werden rascher und bereitwilliger auf chinesische Einkäufer reagieren. In der Nebensaison und im Winter verfügen die von chinesischen Gästen stark frequentierten Destinationen über ausreichend Zimmer, während es insbesondere in den Sommermonaten zu Engpässen kommen dürfte.

Erwartete Entwicklung:
ST geht davon aus, dass das Unterkunftsangebot die in diesem Jahr noch verhaltene Nachfrage wird befriedigen können. Dem Individualtourismus dürfte die Erholung leichter fallen, während sich das Grossgruppengeschäft mitunter aufgrund der fehlenden Bereitschaft zu Preiskonzessionen in den wichtigsten Hotspots im 2023 nur mit Schwierigkeiten erholen dürfte. Das auf die Nebensaison zielende MICE-Geschäft ist davon weniger betroffen, und dürfte ab dem Herbst wieder deutlich zulegen.

Wiederaufnahme der Marktbearbeitung

Während der Pandemie setzte Schweiz Tourismus im chinesischen Markt ausschliesslich Aufmersksamkeits- und Bekanntheitsmassnahmen. Jetzt werden die effektiven Verkaufsförderungs- und Buchungsaufforderungsmassnahmen mit Roadshows, Kampagnen und Events wieder hochgefahren. (MICE-tip)