Skepsis gegenüber der neuen Sharing Economy

Anbieter wie Airbnb und Uber weisen hohe Wachstumsraten aus und wollen mit speziellen Programmen auch die Geschäftsreisewelt erobern. Diese zeigt sich zurückhaltend.
Sharing Economy

Sie ist einer der grossen aktuellen Trends in der Reiseindustrie: die Sharing Economy. Beflügelt durch soziale Netzwerke, boomt die Vermittlung von privaten Leistungen und Gütern, sei es bei Unterkünften, Fahrdiensten oder sogar bei Privatjets und Velos. Im Freizeitbereich werden Angebote aus der Sharing Economy rege genutzt – doch wie sieht es im Geschäftsreisebereich aus? Obwohl es eine rasch wachsende Vielzahl von Anbietern gibt, ist eigentlich nur von Airbnb und Uber die Rede, sobald es um das Business-Travel- Segment geht. Einerseits sind sie die mit Abstand bekanntesten Plattformen, andererseits sind sie praktisch die einzigen, die echte Managed-Travel-Ansätze verfolgen (siehe Box).

Während in Nordamerika die Geschäftsreisenden und Travel Manager schon munter drauflos buchen, ist in Europa mehr Zurückhaltung zu spüren. Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Deutschen Geschäftsreiseverbands (VDR) hat ergeben, dass die Travel Manager der Entwicklung noch kritisch gegenüber stehen. Zwar sind die Angebote weit herum bekannt: Drei Viertel der befragten Unternehmen mit mehr als 1500 Mitarbeitern kennen die wichtigsten Vermittlungsplattformen für Unterkünfte und Fahrdienste. Doch gebucht wird selten: Car-Sharing- Dienste wie Drive Now, Car2Go oder Flinkster sind bei über der Hälfte der Unternehmen verboten. Die Vermittlungs-plattformen Airbnb für Unterkünfte und Uber für Fahrdienste sind sogar nur in jeder dritten Firma erlaubt.

DIE ANBINDUNGEN FEHLEN

Im Geschäftsreisemanagement der Schweizer Firmen spielt die Sharing Economy ebenfalls noch eine untergeordnete Rolle – etwa bei Swiss Re, wie Andreas Gisler, Head of Travel Management, bestätigt. Das Problem sieht er bei den fehlenden technischen Anbindungen und bei der Sicherstellung von Qualität und Sicherheit. «Uber ist zwar ein Gesprächsthema, aber kommt generell nicht in Frage», erklärt Gisler, «der Dienst ist in einigen Ländern sogar verboten und daher sicherheitstechnisch mit hoher Skepsis verbunden. Generell werden Sharing- Economy-Partner dann interessanter, wenn sie eine Anbindung zu einem GDS und Reisebüro gewährleisten, so dass z.B. auch Daten ins Reporting und Traveller Tracking Tool einfliessen können.» Ähnlich tönt es bei der Bank Julius Bär. «Wir haben ein vorgegebenes Reiseprogramm mit bevorzugten Airlines, Hotels, Mietwagenfirmen etc. Sharing Economy ist (noch) kein Thema für uns», sagt Global Travel Manager Anita Lauper. Da die Anbieter nicht über die von Julius Bär vorgegebenen Kanäle gebucht werden können, fehle die Kontrolle in Bezug auf die Fürsorgepflicht und das Reisevolumen. Die Anforderungen wären eine Anbindung an die GDS und die Gewährleistung der Sicherheit der Mitarbeiter, was z.B. Airbnb nicht garantiert. Sollten diese Anforderungen erfüllt werden, sähen Lauper und Gisler aber auch Vorteile, insbesondere bei den Kosteneinsparungen und in einem erweiterten Angebot.

Während die europäischen Geschäftsreiseprofis die Vor- und Nachteile abwiegen, sehen sich die Sharing-Economy-Anbieter weiteren Hindernissen ausgesetzt. In diversen Ländern stossen sie an regulatorische Grenzen und werden von den klassischen Anbietern bekämpft, die sich ihre Marktanteile nicht einfach wegnehmen lassen wollen. Die Meldungen von Rechtsstreitigkeiten und Verboten häufen sich: In San Francisco kommen Richter zum Schluss, dass Uber gegen das Arbeitsgesetz verstösst. In New York wehrt sich die Staatsanwaltschaft schon lange gegen Airbnb, mit wechselnden Ergebnissen. Der Ridesharing-Dienst Uber Pop wurde in diversen Ländern verboten, unter anderem in Deutschland. In Berlin schränkt das «Zweckentfremdungsverbot» die Aktivitäten
von Airbnb ein.

WENIGER AUFLAGEN UND REGELN

Die Kern des Problems ist immer derselbe: Private Anbieter müssen weniger Auflagen und Regeln einhalten als professionelle Leistungsträger und können deshalb mit weniger Aufwand operieren, was zu einer Wettbewerbsverzerrung führt. Dass die Sharing-Economy-Anbieter vielerorts umstritten oder sogar verboten sind, hilft natürlich nicht, das Vertrauen der Geschäftsreiseprofis zu gewinnen, die vor allem Kontinuität, Zuverlässigkeit und Sicherheit suchen. Angesichts der enormen Wachstumsraten und der raschen Verbreitung im Freizeitbereich werden sie trotzdem nicht drum herumkommen, sich mit der Sharing Economy eingehender zu befassen.

Uber

Der Transportvermittler Uber ist mit seinem Programm «Uber for Business» im Geschäftsreisebereich tätig. Unternehmen kreieren auf www.uber.com/de/business einen Firmenaccount, über den die Travel Manager Fahrtinformationen einsehen und Mitarbeiter hinzufügen oder entfernen können. Die Abrechnung geschieht ebenfalls zentral, auf Basis einer Kreditkarte. Bis zu einem gewissen Grad lassen sich Reiserichtlinien im Firmenkonto abbilden. So lässt sich einrichten, wann und wo die Mitarbeiter Uber benutzen dürfen – beispielsweise, dass ab 21 Uhr nur noch Fahrten vom Büro aus erlaubt sind. Auch dem viel gehörten Argument der Sicherheit versucht Uber zu begegnen. So sind alle Fahrten weltweit durch eine geschäftliche Haftpflichtversicherung abgedeckt. Ausserdem würden jeder Fahrer und sein Auto auf der Uber-Plattform vor der Zulassung sorgfältig überprüft. Corporate Rates existieren nicht; Uber argumentiert aber, dass ihre Fahrten in den meisten Fällen sowieso 30 bis 40% günstiger als die normalen Taxis seien und auch die meisten verhandelten Limousinen-Tarife unterbieten könnten. Die Mitarbeiter können, falls vorhanden, ihre privaten Uber-Accounts nutzen und bei jeder Fahrt anklicken, ob es sich um einen geschäftlichen oder privaten Transport handelt. Ist ersteres der Fall, erhalten sie pro Fahrt ein «Expense Memo», das sie allenfalls noch mit Zusatzinformationen ergänzen müssen.

Airbnb

Schon bevor der Unterkunftsvermittler Airbnb sein Geschäftsreiseprogramm ins Leben rief, lag der Anteil der Business Travellers bei etwa 10 %. Im letzten Sommer stieg das Unternehmen dann im grösseren Stil ins Geschäftsreisesegment ein. Einerseits wurde die Website www.airbnb.ch/business-travel ins Leben gerufen. Diese unterscheidet sich auf den ersten Blick zwar kaum von der normalen Homepage. Wenn sich ein Unternehmen aber beim Business-Travel-Programm von Airbnb registriert, erhalten dessen Mitarbeiter dann individuell angepasste Suchergebnisse, die vom Unternehmen definiert wurden. Gewisse Suchkriterien sind standardmässig gesetzt, etwa dass nur ganze Unterkünfte gesucht werden – also Unterkünfte, die der Mieter ganz für sich alleine hat – und dass WLAN vorhanden ist. Gleichzeitig ist Airbnb eine Partnerschaft mit Concur eingegangen, einem der grossen Spezialisten für Reisemanagement und -kostenabrechnung. Dies macht es möglich, dass die Airbnb-Unterkunft direkt über den Concur-Firmenaccount abgerechnet werden kann. Die Firma muss dazu den Service Triplink von Concur benutzen. Diesen verbindet man mit dem Concur-Account, an den die Buchungsbelege von Airbnb dann übermittelt werden können. Der Arbeitgeber sieht somit den Namen des Reisenden, das Reiseziel, das Check-in- und Check-out-Datum und die Kontaktdaten des Gastgebers. Weitere Partnerschaften innerhalb des Reisevertriebs sind angedacht.