105% mehr Sitze ab Altenrhein müssen abgesetzt werden (Ausgabe 2011-15)

Mit AUA und People’s Viennaline fliegen nun zwei Airlines nach Wien. Das könnte bis Ende 2015 andauern, muss aber nicht.

Die Betreiber des Flugplatzes Altenrhein, die Airport Altenrhein AG, eine Tochter der People’s Air Group des Vorarlberger Alleinaktionärs Markus Kopf, haben Grund zur Zufriedenheit. Seit Beginn des Sommerflugplans fliegt nicht nur die AUA nach Wien, sondern auch die People’s Viennaline. Damit kassiert sie neu aus zwei Quellen Abflugtaxen in der Höhe von CHF 49.50 pro Passagier. Die Sache hat allerdings einen Haken: Die neue Airline ist eine in Dornbirn eingetragene Tochter der Altenrhein Luftfahrt GmbH, die wiederum zur People’s Air Group gehört. Damit gebietet Kopf (56) nun über Flugplatz und Airline.

Die neue Airline verdankt ihre Existenz einer Flugplananpassung der AUA: Im Sommer 2010 wurde die vierte tägliche Wochentagsfrequenz (über Mittag) wegen mangelnder Rentabilität gestrichen. Kopf, der per Juli 2010 die Anteile des damaligen Mitbesitzers des Flugplatzes, Dieter Bührle, übernommen hatte und Alleineigner wurde, befürchtete, dass die AUA als neue Tochter der Lufthansa ihr Interesse an Altenrhein verlieren könnte und der Flugplatz in der Folge Einnahmen in der Höhe von einer Million in Form von Abflugtaxen einbüssen würde. Laut damals vorherrschender Meinung in Vorarlberg und der Ostschweiz bestand die Gefahr einer Abwanderung der Wiener Linie nach Friedrichshafen. 

Daraufhin beurteilte der gelernte Betriebswirt Kopf die Lage neu und beschloss Ende Juni 2010, den Vertrag mit der AUA zu kündigen. Dieser weist allerdings eine Kündigungsfrist von fünf Jahren auf, er wird also erst Ende 2015 hinfällig. Im Herbst 2010 entschloss sich Kopf dann zur Gründung einer eigenen Airline, zeigte sich aber immer – auch heute noch, wie er betont – bereit, mit der AUA über eine Zusammenarbeit zu verhandeln. 

Dazu kam es laut Kopf bisher nicht. Nach wie vor fliegt AUA drei Wochentagsrotationen mit einer Dash8-400. Das Transportmonopol für die Strecke, die zu 92% vom Point-to-point-Verkehr lebt, hat die Gesellschaft allerdings verloren. Seit 28. März fliegt Kopfs People’s Viennaline (PE) auch dreimal täglich mit einer von der Finnair für knapp 20 Mio. USD erworbenen Embraer 170 die selbe Strecke. Als Stand-alone-Operation ist PE eine Wartungs- und Backup-Kooperation mit der in Wien domizilierten Niki eingegangen. Damit werden neu 444 statt bisher 216 Plätze täglich in einer Richtung angeboten. Armin Unternährer, 2007 von Swissport Los Angeles weg engagierter CEO des Flugplatzes und der Airline: «Wir sind uns bewusst, dass damit Überkapazitäten geschaffen werden, aber wir konnten nicht tatenlos zu-sehen, wie die Passagierzahlen in den letzten Jahren von 100000 auf 70000 einbrachen.» Und Eigner Kopf ergänzt: «Auch wenn die Anschaffung des Fluggeräts und der Aufbau der Fluggesellschaft relativ kostengünstig waren, werden wir den Break-even frühestens 2016, also bei Vertragsende mit der AUA, erreichen.» 

Ob es so lange geht, darf bezweifelt werden. Kopf rechnet nämlich mit ungedeckten Kosten von drei bis vier Mio. Franken pro Jahr und Airline, so lange beide parallel fliegen. Unternährer gibt denn auch unverhohlen zu, dass man eine vorzeitige Vertragsauflösung durch die AUA begrüssen würde. Bis es so weit kommt, muss die AUA-Abfertigung in Altenrhein die bisherigen, hohen Standards weiterhin erfüllen.

Vorerst nicht vorgesehen ist ein Einstieg ins Charter-Business am Wochenende, nicht zuletzt weil der wesentlichste Partner, Highlife Reisen, (noch) an Tyrolean gebunden ist. Auch andere Strecken ex Altenrhein (London-City und das Ruhrgebiet) wurden gerechnet und für nicht rentabel befunden. Eines aber ist laut Kopf klar: «Wir denken nicht kurzfristig, sondern an die nächsten 100 Jahre, will ich doch meinen zehnmonatigen Zwillingen etwas übergeben können. Deshalb haben wir uns für einen Jet mit vier kompletten, einheimischen Besatzungen statt einer Turboprop-Maschine entschieden, weil wir unseren Kunden einen Topservice zu Preisen anbieten wollen, die rund 20% unter den AUA-Tarifen liegen.» 

Wenn Kopf den nötigen finanziellen langen Atem haben sollte, stehen die Chancen der neuen Airline des Vorarlberger Davids im Kampf gegen den Wiener Goliath AUA nicht schlecht. Dazu Herbert Bertsch, Präsident der Industriellen-Vereinigung Vorarlberg: «Wir wollen eine zuverlässige, schnelle Verbindung über und nicht in den Wolken. AUA hat vor acht Jahren von Jet auf Turboprop umgestellt, kündigt einseitig Ticketvereinbarungen mit Firmen, streicht Rotationen und hat das Retour-Ticket auf stolze 850 Euro hinaufgetrieben.»

Die Dash8-400 von AUA (Turboprop) benötigt für die Strecke rund 75 Minuten Flugzeit, bei Viennaline mit ihrem Embraer-Jet 170 sind es zwischen 50 und 60 Minuten. Die AUA-Flüge sind über die GDS buchbar. Viennaline ist nicht IATA, die Flüge sind nur im Internet (www.peoples.ch) buchbar. Reisebüros haben einen eigenen Zugang zur Site (Login kann beantragt werden), die Kommission für Agentenbuchungen beträgt 10%.

Peter Kuhn, Altenrhein/Wien