Nach einem Flugzeugabsturz ersehnen Angehörige als Erstes Gewissheit darüber, ob ein Familienmitglied auf dem Unglücksflug mit an Bord war. Kaum vorstellbar, dass diese Gewissheit den Angehörigen der Germanwings-Opfer nach dem tragischen Absturz zunächst nicht verschafft werden konnte. Schuld an einem solchen Szenario sind die fehlenden Ausweiskontrollen innerhalb des Schengen-Raums. Theoretisch könnte nämlich eine x-beliebige Person anstelle derjenigen, die auf der Passagierliste stand, im Flugzeug gesessen haben.
Doch nicht jeder stimmt einer solchen Theorie zu. Kritische Stimmen behaupten, beim Check-in müsse man sich nach wie vor ausweisen. Jedoch vergisst man dabei schnell die vielen Reisenden, die ihren Flug bereits vorab online einchecken und sich ihre Bordkarte selbst ausdrucken. In so einem Fall muss der Passagier für einen Flug, etwa nach Berlin, nicht ein einziges Mal seinen Ausweis zücken. Und selbst wenn er noch persönlich am Schalter sein Gepäck aufgäbe und sich dort ausweisen müsste, wäre so ein Rollentausch mit einer anderen Person vor Abflug rein hypothetisch immer noch möglich. Denn das Problem liegt bei den fehlenden Kontrollen unmittelbar vor dem Einsteigen.
Da sind die politischen Forderungen nach einer Wiederaufnahme der Ausweiskontrollen durchaus verständlich. Allerdings sind diese Forderungen zumindest in der Schweiz zugleich an eine Reihe logistischer, personeller und auch finanzieller Aufwände gekoppelt. Denn an den Flughäfen ist ausschliesslich die Polizei für solche Kontrollen zuständig. Die alten Schalter, wie man sie aus «Vor-Schengen»-Zeiten kennt, müssten wieder ausgegraben und zusätzliches Personal aufgestellt werden. Wer die Kosten für diesen Mehraufwand übernehmen müsste, darüber kann derweil nur spekuliert werden.
Dabei wäre die Lösung eigentlich so simpel. Es braucht keine detaillierten, polizeilichen Kontrollen. Es bräuchte lediglich eine Person, beispielsweise ein Mitarbeiter der Airline, die kurz vor dem Einsteigen nochmals ein Auge auf Flugticket und Ausweis wirft und die reisende Person als diejenige auf dem Dokument identifiziert. Ein minimaler Aufwand, der aber im Ernstfall grosse Wirkung zeigen kann.
Mit der Wiedereinführung der Ausweiskontrollen könnten ausserdem gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Denn diese würden auch aus Gründen der Gefahrenabwehr durchaus sinnvoll erscheinen. Und die Personenfreizügigkeit würde dennoch nicht beeinträchtigt werden.
Melanie Mooser