Finnair fliegt heute 40 Städte in Europa, New York und zehn
Destinationen in Asien ab dem 2. Juni zusätzlich fünfmal wöchentlich
Seoul an. Die kürzeste verbindende Asien-Route führt über Helsinki.
Für Hienonen ist klar: «Wenn die Leute verstehen, dass die Welt
nicht flach ist, verstehen sie den Wert unserer Strategie.» Diese zielt
auf die peripheren Zentren. Wer von London, Paris oder Frankfurt nach
Asien will, wählt den Direktflug einer ansässigen Airline. Wer hingegen
von Manchester, Barcelona oder Zürich nach Asien will, soll Finnair
wählen. Da das Reisebüro dem Kunden die schnellste Verbindung als erste
Alternative anbietet, sind die Frequenzen matchentscheidend. Für das
Funktionieren der Strategie sind neben kurzen Transitzeiten in Helsinki
aber auch die Annehmlichkeiten des Flughafens essenziell, um das
Umsteigen und Warten so angenehm wie möglich zu machen. Deshalb werden
in Vantaa zurzeit neue Lounges gebaut inklusive Sauna mit Blick aufs
Rollfeld.
Bis 2017 will Finnair die «Airline of Choice» der nördlichen Hemisphäre
sein, mit dem Europa-Asien-Verkehr als Wachstumsmotor. Daneben soll
Helsinki als Axe zwischen Nordamerika und Asien aufgebaut werden. New
York-Delhi kann direkt geflogen werden 14 Stunden im selben Sessel.
Oder via Helsinki: zweimal sieben Stunden plus eine kurze Umsteigezeit.
Vor allem aber wird mit Zwischenstopp signifikant weniger Treibstoff
verbraucht. Finnair spricht so eine umweltbewusste Kundschaft an und
betont die Energie-Effizienz der modernen Flotte, deren
Durchschnittsalter unter sechs Jahren liegt.
Harsche Kritik übt Jukka Hienonen am millionenschweren Rettungskredit
für Alitalia. «Das ist, als würde unsere Firmenmannschaft AC Milan zu
einem Spiel einladen, und wenn wir nach 90 Minuten im Rückstand sind,
hängen wir einfach noch eine Halbzeit an.» Er verurteilt diese
Marktverzerrung, denn die Luftfahrtindustrie müsse gesund sein, um zu
funktionieren. Marode Bereiche müssen entfernt werden. Oder um bei
Hienonens Sportmetaphern zu bleiben: «Ein Sportler, der des Dopings
überführt wird, muss gesperrt werden.» Hienonen sieht eine
Notwendigkeit in dieser Sache Druck auszuüben und schliesst, falls
Erfolgsaussichten bestünden, auch eine Klage nicht aus.
Der Ausblick, räumt Jukka Hienonen, sei «nicht wirklich positiv». Der
Kerosinpreisanstieg in Kombination mit dem Druck auf die Ticketpreise
sowie der Nachfragerückgang wegen der ungewissen Wirtschaftslage sind
auch für Finnair grosse Herausforderungen. Dezidiert jedoch seine
Aussagen zum Thema Wachstum durch Übernahmen: «Ich mag unsere Strategie
besser. Wir haben klare Ziele, wo wir unser Geld investieren und unsere
Flieger sehen wollen. Eine Übernahme ist immer mit Risiken verbunden
und gelungene Beispiele sind rar. Darum ist eine Übernahme für uns kein
Ziel.»
Ein Blick zurück kann Selbstvertrauen schaffen. Darum feiert Finnair
ihr 85-Jahr-Jubiläum mit einem im Retro-Stil bemalten Flugzeug. Ende
Juli wird der Airbus A319 in der Convair-Bemalung der 50er-Jahre zum
ersten Mal abheben. Auch im Innern des Jets finden sich Reminiszenzen
an die 50er und die Crew wird Uniformen von damals tragen.
Sara Marty, Helsinki
Geschäftsgang 1. Quartal 2008
Turnover: 576, 5 Mio. Euro (528,5 Mio.)
Betriebsergebnis: 11,1 Mio. Euro (5,8 Mio.)
Gewinn vor Steuern: 7,6 Mio. Euro (13,4 Mio.)
Sitzladefaktor: 74,9% (75,9%)
(in Klammern Vorjahresperiode)
Petteri Kostermaa, Vice President Network Strategy: «Wir wollen aufbauen.»
Herr Kostermaa, am 2. Juni fliegen Sie erstmals nach Seoul. Welche neue Destination dürfen wir als nächstes erwarten?
Im September eröffnen wir eine Verbindung nach Jekaterinburg.
Diese Commercial-Destination verleiht uns mehr Gewicht in Russland.
Letztes Jahr haben wir in Europa fünf neue Destinationen aufgelegt.
Unser Schwerpunkt in Europa liegt nun nicht auf weiterer Ausweitung,
sondern auf der Erhöhung der Frequenzen.
Ist von einer solchen Frequenzerhöhung auch die Schweiz betroffen?
Im Januar haben wir einen zweiten Flug täglich GenfHelsinki
eingeführt. Eine Erhöhung der Frequenz Zürich-Helsinki von zwei auf
drei Flügen täglich ist zwar noch nicht konkret geplant, streben wir
jedoch an. Unser Ziel ist, die wichtigsten Städte mit vier Flügen
täglich an den Gateway Helsinki anzubinden.
Ist Basel eine Option?
Nein, Basel haben wir nicht einmal in Erwägung gezogen.
Wie beeinflusst Ihre Asien-Strategie die Planung für Europa?
Gerade weil wir in Asien weiter wachsen und Helsinki zum
Knotenpunkt zwischen Asien und Europa langfristig auch zwischen Asien
und Amerika machen wollen, brauchen wir ein dichtes Netz an
Feeder-Flights. Die hohe Frequenz ist wichtig, um möglichst kurze
Transitzeiten zu garantieren. Eine andere Auswirkung ist die Business
Class. Diese ist auf Europaflügen ja nicht so wichtig. Darum hatten wir
sie auf einigen Flügen ganz abgeschafft. Jetzt führen wir sie wieder
ein, weil die Passagiere aus Asien auch nach dem Umsteigen in Helsinki
Business fliegen wollen. Bei Finnair wächst der Anteil an
Business-Class-Passagieren überproportional.
SAM