Crossair wieder ins richtige Licht gerückt (Ausgabe 2008-23)

Hansjörg Bürgi, Chefredaktor des Luftfahrtmagazins Skynews.ch

Das am 16. Mai gefällte Urteil des Bundesstrafgerichtes zum
Crossair-Absturz vom 24. November 2001 in Bassersdorf ist deutlich:
vollumfängliche Freisprüche für alle sechs Angeklagten – darunter
Moritz Suter und André Dosé – und Prozessentschädigungen in der Höhe
von 850000 Franken. Die Anklage sei unbegründet gewesen, erwähnten die
Richter.

Dieses Urteil war zu erwarten. Die Anklageschrift liest sich wie ein
Rachefeldzug ehemaliger Swissair- und Crossair-Piloten gegen das
damalige Management. Bundesanwalt Carlo Bulletti war jenen Kreisen
verfallen, die Crossair seit jeher schlechtmach(t)en oder ihre
Ressentiments
gegen sie ausleb(t)en. Zu hoffen bleibt, dass dieser Streit nun endlich
der Vergangenheit angehört. Nicht zuletzt hat auch dies dazu geführt,
dass der Pilotenberuf in der Schweiz massiv an Attraktivität verloren
hat.

Auf über sechs der total 26 Seiten der Anklageschrift wird der
Unglückspilot bis ins letzte Detail diskreditiert. Das ist schlicht
pietätlos, insbesondere seinen Angehörigen gegenüber. Er hatte die
regelmässigen Prüfungen und die Avro-Umschulung – wenn auch nicht
bravourös – bestanden, und dies jeweils mit dem Segen des damaligen
Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL). Unbestritten ist, dass er in der
Verkettung der Umstände, die zum Unfall führten, den entscheidenden
Fehler begangen hat.

Deshalb ist es stossend, dass der ehemalige BAZL-Direktor André Auer im
Prozess nur als Zeuge und nicht als Angeklagter im Gericht auftrat.
Denn er hat Ende Oktober 2001 auf Geheiss des damaligen und heutigen
Verkehrsministers Moritz Leuenberger, und auf Druck Deutschlands, in
Zürich ab 22 Uhr den Ostanflug einführen lassen. Und dies von einem Tag
auf den andern, ohne Schulung der Skyguide-Lotsen und ohne die Minima
des vorhandenen Westwindanflugverfahrens auf Sicht heraufzusetzen.

Das ist die wirkliche Ursache für den Absturz. Die 24 Menschen wären
nicht umgekommen, hätte der Jumbolino, wie von den Piloten geplant, aus
Norden über das allwettertaugliche Instrumentenlandesystem auf der
Piste 14 landen dürfen.