Das Crossborder-Geschäft ist kein neues Phänomen, gewinnt aber durch den fallenden Euro-Kurs immer mehr an Bedeutung. Zuletzt hat die Sendung «Kassensturz» auf die unterschiedlichen Mietwagenpreise aufmerksam gemacht, wonach Schweizer für eine identische Buchung übers Internet mehr bezahlen würden als z.B. ein Mietwagenkunde aus Frankreich oder Italien. Schweizer haben aber nicht in jedem Fall Zugriff auf diese Seiten. Während bei Hertz die Dienstleistungen nur über die jeweilige Länder-Website des Käufers abgewickelt werden können, überlassen es Avis und Sixt laut eigenen Aussagen den Kunden, über welches Länder-Portal sie buchen wollen.
Die Preisgestaltung, so betonen die drei Mietwagenanbieter auf Anfrage unisono, sei stark dynamisch und von verschiedenen Faktoren abhängig. «Die Preise bei Sixt wie auch in der Autovermietung allgemein richten sich nach verschiedenen Faktoren wie etwa der Nachfrage, der Auslastung der jeweiligen Fahrzeugflotte, der Reisetätigkeit innerhalb eines Landes, der Saisonabhängigkeit oder auch den spezifischen Betriebskosten, die sich nach dem allgemeinen Kosten-niveau eines Landes richten müssen», erklärt Christoph Beisheim, Managing Director von Sixt Schweiz.
Eine zentrale Tatsache ist gemäss Martin Gruber, Mana-ging Director Avis Schweiz, dass sich die eingeschlossenen Leistungen abhängig vom Quellmarkt unterscheiden: «Avis rät ihren Kunden, die Leistungen jeweils im Detail zu vergleichen. Ein unterschiedlicher Selbstbehalt im Schadenfall bedeutet oft zweistellige prozentuale Preisunterschiede.»
Markus Thiem, General Manager von Hertz Schweiz, weist zudem darauf hin, dass dank des dynamischen Pricings Schweizer Kunden heute teilweise von günstigeren Mietpreisen als noch vor einem Jahr profitieren. «Die Preise an einer bestimmten Destination sind nicht immer zwingend teurer oder billiger sie verändern sich stetig auf- oder abwärts.» Neben lokalen Promotionen seien auch saisonale Schwankungen von Bedeutung.
Beim Mietwagenbroker Holiday Autos können Schweizer ihre Buchung heute noch über sämtliche Websites der Holiday-Autos-Länder tätigen und so von Kurs- und Preisdifferenzen profitieren. «Das ist ein gros-ses Problem, welches das ganze Unternehmen derzeit beschäftigt. Wir hoffen, bis Ende Jahr eine Lösung erarbeitet zu haben, damit dies in Zukunft nicht mehr möglich ist», erklärt Paola Zuber-Guzman, Director Sales & Marketing Schweiz. Beim Contracting mit den Suppliers, den Mietwagen-anbietern, seien Holiday Autos Schweiz jedoch die Hände gebunden, denn dieses läuft zentral über den Hauptsitz in Grossbritannien. «Wir sind von den Preisen der Anbieter abhängig und haben daher wenig Spielraum. Einzig im direkten Vergleich mit unseren Mitbewerbern im Brokerbereich können wir am Hauptsitz Druck machen und bessere Bedingungen verlangen.»
Vermittler Sunnycars arbeitet mit einem Basis-preis in Euro und einem für die Schweiz festgelegten Umrechnungskurs. Allfällige Preisunterschiede hängen einerseits von den variablen Faktoren wie dem Wechselkurs ab. Andererseits spielt dabei auch die Kostenstruktur der Schweiz, die z.B. für Vertrieb und Marketing höher liegt als in Deutschland, eine Rolle.
Auf dem Sunnycars.de-Portal werden Schweizer Kunden nicht abgewiesen, erklärt Geschäftsführer Kai Sannwald. «Wir positionieren uns klar als B2B-Broker und wickeln in der Schweiz nur etwa 5% des Geschäfts direkt ab. Dennoch beobachten wir die Situation genau. Sollte das Crossborder-Geschäft Überhand nehmen, könnte es zu Problemen mit den Anbietern kommen. Derzeit besteht aber noch kein Handlungsbedarf.»
Simon Benz