Das Kuoni-Reiseveranstaltergeschäft wechselt den Besitzer (Ausgabe 2015-14)

Kuoni-Verkauf: Deutsche DER Touristik im Vorteil?

Derzeit erarbeiten die am Kauf des Kuoni-Reiseveranstaltergeschäfts interessierten Firmen ihre Offerten. Mit Ausnahme von Hotelplan/Migros haben sich die Interessenten öffentlich nicht geoutet. Diese offensive Strategie könnte sich aber auch kontraproduktiv auswirken. Die Lust am Zusammengehen mit dem grossen Marktrivalen scheint bei Kuoni jedenfalls überschaubar. Die Migros soll angeblich ein konkretes finanzielles Angebot unterbreitet haben. TRAVEL INSIDE hat für Kuoni Schweiz eine Schätzung von CHF 70 bis 90 Mio. erstellt, der effektiv gehandelte Wert liegt wohl deutlich darüber, also eher über CHF 100 Mio. 

Es scheint da einen durchaus ernst zu nehmenden Käufer zu geben: Aus Deutschland, so hört man, sei die DER Touristik (Rewe) massiv interessiert und bereite ein Angebot für das gesamte Paket des Reiseveranstaltergeschäfts vor. Damit hat der zum Rewe-Handelskonzern zugehörige, zweitgrösste deutsche Reisekonzern natürlich ausgezeichnete Karten in der Hand, zumal Rewe bereits vielfach in der Schweiz – im Detailhandel, aber auch in der Touristik – engagiert ist. Dies auch in einem Joint Venture mit Coop, der grossen Gegenspielerin der Migros. Verdächtig ruhig verhält sich TUI, während seitens Thomas Cook das Interesse an Kuoni gleich null sein soll. CEO Peter Fankhauser kennt seinen ehemaligen Arbeitgeber Kuoni aus dem Effeff und kann einem Kuoni-Kauf anscheinend nichts Positives abgewinnen.

Die grosse Frage für potenzielle Käufer liegt in den Nutzungsrechten der Marke Kuoni, welche ja nur für eine gewisse Zeitspanne geliehen wird und nicht verkauft wird. Ein definitiver Verkauf wäre finanziell wohl lukrativer für Kuoni. Mit dem Restgeschäft wäre ein Rebranding problemlos: Das Visa-Geschäft und vor allem die Bettenbank GTA sind nicht auf die Marke Kuoni angewiesen. 

Kuoni und das sogenannte «Kerngeschäft»: An der Jahres-Medienkonferenz erklärte der seit März 2014 gewählte CEO Peter Meier, Kuoni werde sich fortan auf das Kerngeschäft konzentrieren und die Reiseveranstaltung denjenigen überlassen, die mehr von diesem Geschäft verstehen. Für alle Kuonianer ist dies ein Hohn. Verwaltungsrat und Konzernleitung haben es in den vergangenen Jahren schlicht verlauert. Vom ursprünglichen Kerngeschäft Tour Operating hat in der Kuoni-Führung niemand mehr eine Ahnung. Kein Wunder muss Kuoni verkaufen, und die Finanz-Analysten zeigen auch noch Verständnis dafür. Das klassische Reisebusiness ist ja in deren Augen ein Auslaufmodell, wie jüngst auch das nationale Fernsehen verkündet hat. 

Peter Meier, ehemaliger Finanzchef und von VR David Schnell portiert, wollte lange Zeit den obersten Chefposten gar nicht annehmen. Ein Blick auf die Jahresrechnung 2014 von Kuoni zeigt aber, woher der Sinneswandel kommt: Es lohnt sich finanziell absolut, in der Reisefirma Kuoni in der Konzernleitung zu arbeiten. Die Konzernleitung erhielt 2014 total CHF 9,6 Mio. Darin enthalten sind die auslaufenden Vergütungen an Leif V. Larsen, Peter Rothwell und auch das Salär des neuen CFO, Thomas Peyer, per März 2014. Allein CHF 2,5 Mio. erhielt Meier ab dem März, sein Vorgänger Rothwell schaffte es 2013 gar auf insgesamt CHF 2,7 Mio. Zwölf Monate ist jeweils deren Kündigungsfrist, daher verdient auch Stefan Leser, dessen Vertrag im Oktober 2014 auslief, noch bis Oktober 2015 ein monatliches Grundgehalt von über CHF 52000, mit Konkurrenzverbot notabene. Aber auch ein VR-Mandat bei Kuoni lohnt sich: Präsident Heinz Karrer kriegt CHF 600000, der Vorsitzende des Prüfungsausschusses David Schnell über eine Viertelmillion. Bei einem «normalen» VR-Mitglied sind es immerhin noch rund CHF 170000.

Der gesamte, siebenköpfige Kuoni-Verwaltungsrat ist übrigens bis zur GV vom 20. April 2015 gewählt. Die Aktionäre haben es in der Hand, ihren Verwaltungsrat zu bestimmen. Wobei die Kuoni und Hugentobler Stiftung nach wie vor einen bedeutenden Stimmenanteil hat.

Angelo Heuberger