Der Herbst rettet das Gesamtjahr nicht (Ausgabe 2010-35)

Jean-Claude Raemy zum aktuellen Herbstgeschäft
Bei einer Umfrage zum Sommergeschäft vor weniger als drei Monaten herrschte bei den grossen Schweizer Reiseveranstaltern nicht gerade Euphorie. Die Zahlen bewegten sich knapp über Vorjahr – wohlbemerkt dem «Krisenjahr» 2009.

Das Herbstgeschäft sollte es folglich richten. Immerhin 20% des Umsatzes macht dieses inzwischen aus. Es gibt den TOs die Möglichkeit, Defizite im Sommergeschäft kurz vor Abschluss des Jahres noch auszumerzen, sprich die Bilanzen zu verbessern. Entsprechend wird mit harten Bandagen gekämpft. Doch im Herbstgeschäft 2010 herrscht auch nicht wirklich grosse Freude. Zwar melden die Veranstalter Zahlen über dem Vorjahr – mal deutlicher, mal knapper, bei einigen Destinationen darunter –, doch sehr tiefe Preise und hohe Kapazitäten nagen am Gewinn. Die Verschiebung von Feriengeschäft vom Sommer hin zum Herbst scheint sich ebenfalls zu verlangsamen. Trotzdem, oder vielleicht deshalb, haben Hotelplan und TUI Vollgas gegeben im Herbst und zahlreiche Zusatzcharter aufgelegt. Gleichzeitig liegen bei beiden Anbietern die Preise deutlich, also zwischen 5 und 20%, unter Vorjahr. Kuoni hingegen liegt laut eigenen Angaben preislich etwa auf Vorjahresniveau und hat auch bei den Zusatzflügen eher vorsichtig geplant.

Zwischen den Zeilen heisst dies in beiden Fällen, dass das Herbstgeschäft gut läuft, aber kein Knaller ist. Es wird nur unterschiedlich darauf reagiert. Hotelplan sitzt auf grosser Charterkapazität – und hat am vergangenen Freitag «Familien-Hits» im Herbst mit Rabatten von bis zu 30% lanciert. Es gibt andere Beispiele für den Herbst-Preiskampf. TUI spricht von «Vollzahlern» auf den Herbstcharter – doch die Preise sind auf tiefem Niveau. Und Kuoni argumentiert mit Vernunft und Qualität – doch günstige Preise sind längst nicht mehr Synonym tiefer Qualität, und umgekehrt. Letztlich geht es um Markenpositionierung und Yield. Wer aufgrund der Erfahrungen im Sommergeschäft richtig für den Herbst spekuliert bzw. kalkuliert, hat die Nase vorn. 

Trotz einem relativ guten Herbst dürften die Jahresresultate 2010 zwar über Vorjahr, aber nicht berauschend sein. Zudem gibt es alarmierende Meldungen: Das Wachstum im Herbstferienmarkt lässt sich zumindest teilweise auf die sich abschwächende Konjunkturkrise zurückführen – dass in den letzten Tagen mancherorts von einer Rückkehr der Rezession geschrieben wurde, dürfte die Angst schüren, dass das Wachstum nach den Einbrüchen 2009 möglicherweise nur vorübergehend war.