Der politischen Krise kann sich der Tourismus, der in Griechenland rund 16 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt, nicht entziehen. Nach den missglückten Parlamentswahlen vom 6. Mai sei die Zahl der Buchungen um 30 bis 50 Prozent eingebrochen, meldete die Panhellenische Hotelier-Vereinigung. Aegean Airlines hat im ersten Quartal 2012 sieben Prozent weniger Passagiere befördert, im innergriechischen Verkehr gar 15 Prozent weniger. Und die Fährreedereien drohen, dass sinkende Passagierzahlen und steigende Treibstoffpreise dazu führen könnten, dass im Herbst gewisse Insel-Verbindungen eingestellt werden müssen.
Tourismusministerin Tatiana Karapanagioti wirbt deshalb um das Vertrauen der Urlauber: An der Attraktivität des Ferien- und Reiseziels Griechenland habe sich nichts verändert. Und mit Blick auf den wichtigen Quellmarkt Deutschland: Von einer generellen antideutschen Stimmung wegen des harten Sparkurses könne nicht die Rede sein. Tatsächlich liegt Deutschland, mit jährlich über zwei Millionen Besuchern tragender Markt für Griechenland, nach wie vor weit hinter den Erwartungen zurück. Die Hellas-Krise weckt im EU-Land Deutschland andere Emotionen als in der Schweiz, wo keine direkte politisch-wirtschaftliche Vernetzung den Ferienmachern die Lust auf Griechenland vergällt. Natürlich bremst auch hierzulande eine gewisse Verunsicherung die touristische Nachfrage. Vielerorts liegt der Buchungsstand noch hinter dem (starken) Vorjahr zurück, aber die meisten Veranstalter geben sich verhalten optimistisch: Die Saison wird keineswegs abgeschrieben.
In Griechenland selber gibt es zudem Anzeichen von Veränderungen, welche der hellenischen Tourismuswirtschaft neue Impulse verleihen könnten. So hat die Vereinigung der griechischen Tourismusunternehmen (Sete) die Idee einer neuen Initiative «Marketing Greece» aufgebracht. Diese soll zu 70 Prozent von der Privatwirtschaft und zu 30 Prozent durch den griechischen Staat getragen werden und die Aktivitäten der staatlichen Griechischen Zentrale für Fremdenverkehr (EOT) unterstützen. Wird Marketing Greece dereinst gar EOT ablösen?
Wie es auch geht, zeigt derweil in Deutschland Willi Verhuven, Patron von Alltours: Er setzt sich in einer grossen Kampagne persönlich für die Destination Griechenland ein. Solche Zeichen sah man bis anhin hierzulande nicht.
Beat Eichenberger