Die Reserven sind bald aufgebraucht (Ausgabe 2013-48)

EDA lockert Reisehinweise für Ägypten erneut

Ägypten ist in erster Linie eine Badedestination. Prozentual machen die Buchungen fürs Rote Meer den Löwenanteil aus, die Kulturreisen, Nil-Kreuzfahrten und Wüstenreisen folgen mit gebührendem Abstand. So gesehen ist die Nachricht, dass das EDA nicht mehr von Reisen ins Niltal und nach Kairo abrät, weitaus weniger wichtig als die Lockerung der Reisehinweise fürs Rote Meer vor zwei Monaten. 

Doch die Signalwirkung ist nicht zu vernachlässigen. Abgesehen von den Oasen gilt nun für alle wichtigen touristischen Destinationen wieder grünes Licht. Auch die beliebten Kombinationen von Kultur- und Badeferien sind nun wieder möglich, der eigentliche USP des Landes. Auch andere Signale sorgen für Entspannung und Normalisierung, etwa dass vor zwei Wochen der Ausnahmezustand aufgehoben wurde. Die Folgen sind, dass die Ausgangssperren wegfallen und die Militärpräsenz deutlich geringer werden wird – und auch ganz einfach, dass keine Touristen mehr vom Begriff «Ausnahmezustand» abgeschreckt werden.

Diese Normalisierung kommt keinen Tag zu früh. Zum einen kann so zumindest ein Teil des wichtigen Wintergeschäfts gerettet werden. Noch ist es nicht zu spät für eine Buchung über die Festtage oder für Januar/Februar, Platz gibt es sicherlich genug, und die Preise dürften so schnell noch nicht ansteigen. Zum anderen befindet sich der ägyptische Tourismus in einem desolaten Zustand. Die –24% aus der Schweiz (per Ende September) sind eher noch ein gutes Resultat, insgesamt geht man nämlich von –50% aus, und das sind nur die offiziellen Zahlen. Die Auslastungen der Hotels bewegen sich häufig zwischen 30 und 60%, die Nil-Schiffe lagen still und werden erst nach und nach reaktiviert, vom Kleingewerbe ganz zu schweigen. Und das grösste Problem ist, dass das alles schon drei Jahre lang andauert, mal schlimmer, mal weniger schlimm. Die Reserven sind langsam aufgebraucht.

Was also tun, damit die stetigen Rückschläge endlich aufhören? Natürlich muss man auf politische Stabilität hoffen, aber das Tourismusministerium wird auch von sich aus aktiv. Mit einem Sub-Branding will man die einzelnen Ferienregionen vom Begriff «Ägypten» loskoppeln, sie vor der Pauschalisierung schützen, falls in einer bestimmten Region wieder Unruhen losgehen sollten. Das ist eine sinnvolle Idee, aber sie muss effizient umgesetzt werden. Um fünf Strand-Webcams zur Beruhigung der potenziellen Gäste zu installieren, brauchte das Ministerium ein Jahr. Künftige Initiativen müssen schneller gehen.

Stefan Jäggi