Die Trends in der Travel Technology (Ausgabe 2015-18)

Die neue Welt wartet – wer betritt sie?

Es ist nicht vermessen, zu behaupten, dass die Technologie zu einem grossen Teil bestimmt, wohin die Reisebranche steuert. Dabei sollte es eigentlich umgekehrt sein: Die Reisebranche müsste die Innovationen vorgeben und sich dabei der Technologie bedienen. Dies war jedenfalls eine der Schlüsselaussagen am Gipfeltreffen der deutschsprachigen Traveltech-Branche, dem FVW Travel Technology Day in Köln.

In einer Zeit, in der die Onlinegiganten Expedia und Priceline alleine für 10% der weltweiten Touristikum-sätze verantwortlich sind, versuchen zahlreiche Anbieter, sich vom Mainstream abzuheben und damit den Preiskampf zu vermeiden. Personalisierte Angebote sind hier der Zauberbegriff – ermöglicht durch Technologie. Denn durch die Erhebung und Analyse von Millionen Daten – «Big Data» ist das nächste Schlagwort – werden zielgruppengerechtes Marketing und massgeschneiderte Produkte ein Kinderspiel. Dies wird im Flugvertrieb dank der NDC-Initiative geschehen, ist aber auch im Tour Operating und in den Reisebüros ein grosses Thema.

Ein grosses Augenmerk wird dabei der Inspirationsphase zuteil – schon wieder ein Zauberwort. Nachdem im Technologiebereich zuletzt viel Wert auf die Such- und Buchfunktionen gelegt wurde, ging das «Schmackhaftmachen» etwas vergessen. Kuonis Reisekompass war ein Anfang, TUI wird in seinen neuen Concept Stores stärker auf digitale Inspiration setzen, und die Krönung wäre dann eine Datenbrille à la Oculus Rift, mit der die Kunden einen virtuellen Augenschein ihrer nächsten Feriendestination nehmen können. Der stationäre Vertrieb wird hier also keinesfalls ausgeschlossen. Ist der Kunde einmal unterwegs, liegt dort weiteres digitales Potenzial brach, das erst nach und nach angezapft wird. Die Möglichkeiten einer Reisebegleitung gehen weit über den Welcome Drink im Konferenzsaal des Hotels hinaus; künftig (und teils schon heute) hat der Reisende seinen Assistenten in App-Form immer dabei, sei es auf dem Smartphone oder auf der Smartwatch. 

Während die digitale Zukunft in den schönsten Farben schillert, gibt es in der Gegenwart einige handfeste Probleme zu lösen. Die Verfügbarkeit und Preisverlässlichkeit in den Buchungssystemen hat sich in den letzten Jahren höchstens um ein paar Prozentpunkte verbessert und liegt immer noch unter den Erwartungen der Verkäufer. Und die Anbieter scheuen sich nach wie vor, sich von den preisgetriebenen Frontends zu lösen. Die neue Welt läge bereit, sie zu betreten braucht aber etwas mehr Mut und etwas weniger Altlasten.

Stefan Jäggi