Drohender Streik bei Belair – CEO Lucas Ochsner relativiert (Ausgabe 2014-50)

93% der Mitarbeitenden haben neuen Vertrag mit Lohnkürzungen unterzeichnet.

Die Vorwürfe der Pilotengewerkschaft Belpers an das Belair-Management sind happig: Von einem «Friss, Vogel, oder stirb»-Vorgehen und «kategorischer Gesprächsverweigerung über einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV)» ist die Rede. In einer Urabstimmung hätten sich 92% der Mitarbeiter für einen Arbeitskampf mit Möglichkeit zu einem Streik ausgesprochen.

gegenüber ti legt Lucas Ochsner (CEO Belair AG) seine Sicht der Dinge dar: «Mit der vollständigen Übernahme durch Air Berlin haben alle Mitarbeitenden 2010 einen an die Schweiz adaptierten Arbeitsvertrag erhalten mit den gleichen Konditionen, wie sie für Mitarbeitende der Air Berlin gelten. Damals lag der Euro-Kurs bei CHF 1.56. Belair-Mitarbeitende profitieren seither von allen Vertragsverbesserungen, so etwa von den im Sommer 2013 vereinbarten gestaffelten Lohnerhöhungen von insgesamt 20 bis 30% bis 2016.»

Aktuell liegt der Euro-Kurs knapp über CHF 1.20 und die Personalkosten bei Belair sind 25% höher als bei Air Berlin. Eine solche Kostenstruktur sei weder wettbewerbsfähig noch finanzierbar, sagt Ochs-ner. So wurde im Dezember 2013 ein Moratorium eingeführt und die Löhne für das gesamte Personal auf dem Stand von Ende 2013 eingefroren. Im Juni 2014 forderte das Mutterhaus markante Einsparungen und die Aushandlung von einfacheren, GAV-freien Verträgen. Sonst würde Belair geschlossen. Die Flüge würden dann wohl von Air Berlin oder Niki übernommen.

«Wir erarbeiteten ein Projekt zur sozialverträglichen Umsetzung und um die 288 Arbeitsplätze zu erhalten und luden Belpers zu Informationsgesprächen ein. Leider war man nicht bereit, ohne Vorbedingungen, also ohne GAV-Forderung, in Gespräche einzutreten», so Ochsner. Weitere Gespräche und ein Workshop, bei dem GAV-Verhandlungen in Aussicht gestellt wurden, sofern die Restrukturierungsmassnahmen akzeptiert würden, seien auch negativ verlaufen. «Der Gang vor das Einigungsamt blieb trotz Kompromissvorschlägen ergebnislos. Eine Einigung scheiterte letztlich an den vorbehaltlosen GAV-Forderungen der Belpers.»

Daraufhin habe man unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben bei Massenentlassungen am 15. Oktober über 90% der Mitarbeitenden die Änderungskündigung zugestellt. «Die neuen Verträge beinhalten auf Basis 2013 eine Lohneinbusse von 20% bei der Geschäftsleitung, 15% beim Kader und den Piloten und 10% beim Kabinen- und Bodenpersonal, sowie Anpassungen bei den Sozialleistungen und Arbeitszeiten und die Einführung der EU-Ruhezeitregelung», sagt Ochsner. 

Mit den neuen Verträgen bewege man sich etwa auf dem Niveau von Edelweiss Air und würde bei den Personalkosten rund 30% einsparen. «93% der Mitarbeiter haben den neuen Vertrag unterzeichnet. Nur ein Kapitän und drei Copiloten haben sich geweigert und werden uns verlassen. Ich gehe deshalb nicht davon aus, dass es zu einem Streik kommen wird.»

Ochsner gibt zu, dass mangels alternativer Arbeitsplätze in der Schweiz und wegen der drohenden Schliessung ein gewisser Druck auf den Mitarbeitern gelastet habe, den Vertrag zu unterzeichnen. «Wir sind nun aber auf gutem Weg in eine erfolgreiche Zukunft.»

UH