Edelweiss Air führt One-Way-Tarife ein (Ausgabe 2014-37)

Vom «Biberli» zum «Schöggeli»

Die Zeiten, als Charter- und Bedarfsfluggesellschaften diesem Namen auch gerecht wurden und deren Plätze fast ausschliesslich zu 100 Prozent von Reiseveranstaltern im Risiko übernommen wurden, sind längst vorbei. Zumindest in der Schweiz: Namen wie Sata, CTA, Hello oder Balair/Belair – letztere war zuerst im Besitz der Swissair, dann Teil der Hotelplan-Gruppe und wurde 2009 von Air Berlin übernommen – sind vom Markt verschwunden. Im nächsten Jahr könnte eine neue Ferienfluggesellschaft dazukommen: Die von Germania unter dem Projektnamen «Holidayjet» geplante Airline mit Schweizer Anstrich und Schweizer AOC soll dann für Hotelplan in der Ferienfliegerei an den Start gehen.

Der heute oft verwendete Begriff Ferienfluggesellschaft trifft in der Schweiz derzeit eigentlich nur noch auf Edelweiss Air zu. Doch auch die von Kuoni 1995 gegründete Airline, seit 2008 als Schwester von Swiss und damit als Teil der Lufthansa-Gruppe unterwegs, ist einem markanten Wandel unterworfen. Zwar fliegt Edelweiss weiterhin Ferienhungrige an die schönsten Orte rund um den Globus. Immer seltener geschieht dies aber im Namen eines einzelnen oder einiger weniger Touroperators, die sich alle Plätze auf der Maschine gesichert haben.

Inzwischen hat sich Edelweiss Air immer mehr an Swiss angenähert. Alle EDW-Flüge tragen auch eine LX-Flugnummer; das ermöglicht Kombinationen mit Linienflügen der Swiss. Passagiere mit LX-Ticket auf EDW-Flügen erhalten Miles-&-More-Meilen, obwohl EDW weder Mitglied der Star Alliance noch des Vielfliegerprogramms ist. Der Einzelsitzplatzverkauf über die verschiedenen Vertriebskanäle hat sich zu einem erfolgreichen Absatzmodell entwickelt. Auf dem Streckennetz beider Airlines werden sowohl EDW- als auch Swiss-Flieger eingesetzt. Mit dem Upgrade des Onboard-Angebots, der Einführung der Economy Max und der neuen Business Class in den Langstrecken-Maschinen -sowie der Einführung von One-Way-Tarifen auf allen Europa-Strecken unterscheiden sich Produkt und Tarifstruktur immer weniger von jenen der Schwestergesellschaft, sprich von denen eines Netzwerk-Carriers.

Der Druck durch Billigflieger – auch auf der Langstrecke – und die Carrier aus Middle East wird zunehmen. Weitere Konsolidierungs- und Sparprogramme werden folgen – auch bei der Lufthansa-Gruppe. Nichts ist für alle Zeiten sakrosankt und so dürfte die Integration der Edelweiss Air in die Swiss früher oder später zum Thema werden. Die Airline wäre bestens vorbereitet. Wenn dereinst die Passagiere vor der Landung mit einem «Schöggeli» anstatt mit einem «Biberli» verwöhnt werden, spätestens dann dürfte es so weit sein.

Urs Hirt