Ein hausgemachtes Plus und viel Zuversicht (Ausgabe 2011-42)

Retailer-Umfrage Herbst 2011

Die Umfrage von TRAVEL INSIDE bei sechs Retailern bringt Erfreuliches zutage: Alle sechs befinden sich mit ihren Umsatzzahlen leicht über Vorjahr. Vergleicht man die Aussagen der Retailer mit dem Buchungsbarometer von Reise-Treuhand Zürich, machen die Zahlen erstmal keinen Sinn. Ausgerechnet die Monate April und Mai, die von den Retailern als sehr schwach beschrieben werden, lagen gemäss Barometer im Plus, während die meisten anderen Monate im Minus liegen. Hier muss jeweils das Vorjahr einbezogen werden: Unter Berücksichtigung der Aschewolke des Eyjafjallajökull im April/Mai 2010 ist 

ein leicht besserer April/Mai 2011 also immer noch ein katastrophaler Monat. Und anders herum sind die –23% im August 2011 nicht mehr so gravierend, wenn man bedenkt, dass der August 2010 um 29% über Vorjahr lag.

Auf alle Fälle war 2011 bisher kein einfaches Jahr: Der Arabische Frühling liess zuerst die Nachfrage nach Tunesien und anschliessend Ägypten einbrechen; die Natur- und Atomkatastrophe in Japan vermieste vielen Kunden – oft unbegründet – die Lust auf Asien-Ferien; und der Terroranschlag in Marokko sowie der Libyen-Krieg stürzten Nordafrika noch tiefer in die Krise. 

Inzwischen scheint eine gewisse Stabilität Einzug gehalten zu haben, und die Reisebüros können wieder ohne Einschränkungen Gas geben. Bemerkenswert ist vor allem die Zuversicht, die allerorts herrscht: Die meisten der befragten Retailer sind überzeugt, das leichte Plus bis Ende Jahr halten oder gar ausbauen zu können. Und obwohl die wirtschaftlichen Prognosen alles andere als rosig sind, schauen sie optimistisch aufs Jahr 2012.

Hinter den positiven Zahlen und der Zuversicht steckt viel Arbeit und Flexibilität, wie die Gespräche mit den Retailern zeigen. Wenn ein Kunde Angst vor einer Ägypten-Reise hat, setzt man sich mit ihm hin und diskutiert die Sachlage. Nicht zuletzt deswegen gehört Ägypten bei mehreren Reisebüros schon wieder zu den Topdestina-tionen. Wenn der Preis bei den grossen Priopartnern dem Kunden deutlich zu hoch ist, weicht man auf einen Veranstalter mit attraktiveren Angeboten oder einem unkomplizierteren Handling aus. Und wenn ein Kunde schon in Eigenregie einen Flug gebucht hat, bucht ihm das Reisebüro halt noch ein Hotel oder einen Mietwagen dazu – dafür ist man sich heute nicht mehr zu schade. Und es scheint zu funktionieren: Viele berichten von einem regelrechten Gegentrend, dass die Leute von der Internetbuchung zurück zum Reisebüro wechseln. Verdient hätten es die Retailer allemal.

Stefan Jäggi