Ein Umweg weniger (Ausgabe 2010-30)

Sara Marty zum neuen Prozess-«Looping» von Kuoni
Das Tour Operating von Kuoni hat die Schatztruhe geöffnet und den Filialen alle Destinationskontakte zugänglich gemacht, sozusagen als Instrumente zur Selbsthilfe. Statt eine Anfrage im Sales-Dickicht des Tour Operatings am Hauptsitz zu deponieren und zu hoffen, dass sie korrekt bearbeitet den Weg zurückfindet, bevor der Kunde ins Internet abgewandert ist, dürfen die Filialen nun direkt Partneragenturen resp. das Destination Management kontaktieren. Neben dem Effekt, dass der Kunde so schneller Antworten und Bestätigungen erhält, wird sich so manche Filialmitarbeiterin mit reichem Erfahrungsschatz freuen, ihre Fragen nicht mehr bei Kollegen mit tieferem Wissensstand hinterlegen zu müssen.

Damit geht Kuoni auch ein gewisses Risiko ein, kann ein austretender Mitarbeitender doch durchaus nützliche Kontakte mitnehmen. Auch so mancher Agent würde noch so gerne seine Buchungen direkt mit der Incoming-Agentur statt über Kuoni abwickeln, weshalb eine Einbindung von Agenten in den Prozess kategorisch ausgeschlossen wird. Doch wer weiss, vielleicht findet Kuoni mittelfristig die technischen Möglichkeiten, ihnen das Know-how der Destinationen direkt zur Verfügung zu stellen, ohne die Buchung zu verlieren.

Auch darf man nicht vergessen, dass Kuoni nicht nur ein internationales Unternehmen ist, sondern sich immer mehr auch als solches begreift. In ihrer vollen Konsequenz bedeutet diese Haltung, dass es keinen Unterschied macht, ob ein Schweizer Reisebüro Produkte bei Kuoni Schweiz oder bei einer zur Kuoni-Gruppe gehörenden Destinationsagentur irgendwo auf der Welt bezieht. Hauptsache Kuoni. 

Ob der Verkaufsmitarbeitende im Tour Operating diese Meinung teilt, wenn sein Telefon immer seltener klingelt? Denn die Prozessoptimierung ist bekanntlich eine Nachbarin des Personalabbaus. Doch von Abbau spricht man bei Kuoni nicht; Umschichtung ist der Begriff. Noch sind Produktion, Fulfilment, B2B-Betreuung, Marketing und natürlich Administration die personal- und damit kostenintensivsten Firmenbereiche von Kuoni Schweiz. Bloss: Der Kunde ist zwar bereit, für ein Produkt oder eine Leistung zu bezahlen, nicht aber für den Unterhalt eines bürokratischen Apparates, der ihm keinen offenkundigen Nutzen bietet. Ergo ist Kuoni gezwungen, den Apparat zu verschlanken und mehr Mitarbeitende in Positi-onen mit Kundenkontakt zu bringen. Dorthin, wo sie Umsatz reinholen können.