So konnte es nicht endlos weitergehen: Irgendwann musste bei den Flugpreisen die Talsohle erreicht sein. Die unentwegte Spirale nach unten mit reinen Flugtarifen, die oft unter dem liegen, was für Gebühren, Taxen und Treibstoffzuschläge zu bezahlen ist, musste gestoppt werden. Auf der anderen Seite ist nach zahlreichen Kostensenkungsprogrammen die Zitrone irgendwann einmal ausgepresst. Den Fokus vermehrt auf die Ertragsoptimierung zu legen, ist da nur logisch und nachvollziehbar. Die Airlines sind sonst auf dem besten Weg, sich ihr eigenes Grab zu schaufeln.
Nun ist es endlich so weit: Swiss hat per 2. April die reinen Flugtarife in der Economy Class und Business Class für Langstreckenflüge erhöht. Dies dürfte von der Reisebranche als wichtigstem Vertriebspartner mit Wohlwollen aufgenommen werden. Mit höheren Ticketpreisen können sie ihre Umsatzziele, die für einen Kickback nötig sind, einfacher erreichen. Gleichzeitig können sie gegenüber dem Kunden die für ihren Aufwand bzw. das Ticketfulfillment in Rechnung gestellten Gebühren besser rechtfertigen als bei stetig sinkenden Flugtarifen.
Dass die Mutter Lufthansa und die AUA nachgezogen haben, ist nur logisch und setzt ein weiteres starkes Signal für eine Trendwende in der Tarifpolitik. Auch Air France/KLM/Delta/Alitalia haben je nach Airline für unterschiedliche Zielgebiete Tariferhöhungen vorgenommen. Ein Anfang ist gemacht, weitere werden wohl folgen.
Trotzdem ist das Vorgehen der Swiss nur halbherzig. Im Gegensatz zu ihr haben Lufthansa und AUA sowie Air France und KLM auch die Tarife im Europa-Verkehr erhöht. Gerade in Europa kämpfen die Airlines mit mas-siven Überkapazitäten und nicht kostendeckenden Tarifstrukturen. Bei der Swiss dürfte eine gewisse Angst mitgespielt haben, die Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren.
Dass bei den Interkontinental-Tarifen die tiefsten Buchungsklassen und Spezialangebote von der Erhöhung ausgenommen sind, erstaunt nur bedingt. Mit dem gewählten Modell und den ausgeklammerten Europa-Tarifen kann die Swiss für das gesamte Netzwerk weiterhin mit Hammerpreisen werben. Die moderate Erhöhung von max. 30 Franken (Economy) im Interkontinental-Verkehr wird kaum zu einem Einbruch der Nachfrage führen. Passagiere der höheren Buchungsklassen hingegen müssen sich vor den Kopf gestossen fühlen. Sie subventionieren mit der Erhöhung die Schnäppchenjäger auf der Langstrecke und die unverändert tiefen Tarife im Europa-Verkehr.
Urs Hirt