«Fluggesellschaften wechseln heute viel öfter als früher ihre Bodenabfertigungs partner aus» (Ausgabe 2013-14)

Das Groundhandling-Business ist knallhart – vor allem in Zürich, wo vier lizenzierte Unternehmen um die Gunst der Airlines buhlen.

Was wären Airlines und Flughäfen ohne Groundhandling-Unternehmen? Deren Tätigkeiten erstrecken sich von der Passagierabfertigung über den Gepäckservice bis hin zur Beförderung von Passagieren auf dem Flughafengelände. Doch die Konkurrenz im Geschäft ist hart. Alleine am Flughafen Zürich kämpfen vier Groundhandler um die Gunst der Kunden: Swissport, das weltweit grösste Groundhandling-Unternehmen, die in Dubai beheimatete Dnata, die holländische Aviapartner und die Schweizer AAS. 

«Jüngste im Bunde» ist Aviapartner, die erst 2012 ihre Tätigkeit in Zürich aufnahm. «Das erste Jahr war für uns erfolgreich», erklärt Robin Simons (Station Manager ZRH), «obwohl wir unsere Wachstumsziele verpasst haben.» Bislang hat Aviapartner erst die spanische Vueling als Kunden. Potenzial sei also noch vorhanden. Zum Team gehören 22 Fest- und Teilzeitmitarbeitende, welche Passagierdienste, «Ramp Operations» und Gepäckdienste anbieten. «Ich bin überzeugt, dass wir bald mehr Kunden gewinnen werden», ist Simons optimistisch.

Eher hart war 2012 für den drittgrössten Groundhandler in Zürich, Airline Assistance Switzerland (AAS). Das Unternehmen hat mit British Airways/Iberia sowie OLT gleich drei gewichtige Kunden verloren. Der langjährige Chef Stefan Resele hat nun das Zepter an Dieter Streuli weitergegeben. Dieser erklärt: «Der gute Start wurde durch den Verlust einiger Kunden getrübt. Insbesondere der Wechsel der British Airways zu einem unserer Mitbewerber hatte für uns einschneidende Konsequenzen. Die Entlassung einer grossen Zahl von Mitarbeitern und eine damit verbundene Umstrukturierung waren leider unumgänglich.» AAS kommt in Zürich auf einen Marktanteil von rund 1%. Als wichtige Kunden sind Pegasus und insbesondere die Lufthansa-Tochter Germanwings noch im Portfolio. Ein Ausbau der Aktivitäten, z. B. auch Cargo-Dienste anzubieten, ist laut Streuli nicht geplant.

Auch bei Dnata Schweiz verliefen die letzten Monate durchzogen. Zwar konnte mit IAG ein Grosskunde akquiriert werden (seit Februar 2013), was 5000 Flüge pro Jahr in Genf und 4500 in Zürich bringt. Durch weitere Kundengewinne kamen nochmals 5000 Flüge in Genf und 4200 in Zürich hinzu. Dagegen hob Air Berlin «aus Kostengründen» (so CEO Mark Bradley) den Vertrag auf, ebenso gingen SN Brussels (in LH/LX integriert) und Continental (wegen dem Merger mit United) verloren. «Unser Geschäftsjahr, welches im April endet, war voller Heraus-forderungen und der Preisdruck in Zürich ist enorm», konstatiert Bradley. Man bewege sich weg von normalen Preisverhandlungen hin zu «Added-value-Verhandlungen», wo es darum geht, möglichst viele Leistungen in einen Preis zu inkludieren. Immerhin konnten die Mitarbeiterzahlen stabil gehalten werden. Obwohl Bradley sich auf keine konkreten Marktanteilszahlen festlegen will, so ist doch klar, dass der Anteil in Genf deutlich höher ist als in Zürich. Und Basel, wo Dnata noch gar nicht aktiv ist, sei «ein interessanter Flughafen, der insbesondere für Logistikunternehmen ein exzellenter Hub ist». Bahnt sich da etwas an?

Platzhirsch Swissport sieht alles gelassen. Sprecher Bernd Maresch erklärt, dass Swissport an allen drei Landesflughäfen wachsen konnte, «marginal» Marktanteile gewonnen und auch Personal ausgebaut habe: «Die Budgets wurden erfüllt.» Insgesamt sieht Maresch den Gesamtmarkt als stabil in Bezug auf die Flugbewegungen und erwartet keine grösseren Veränderungen 2013. Er stellt aber fest: «Airlines wechseln heute den Gorundhandling-Partner viel öfter aus als früher.» Die grössten Herausforderungen sieht er beim Angebot, welches sich massiv verändere: «Beim Check-in zum Beispiel braucht es die Groundhandler immer weniger. Wir kompensieren das mit neuen Services wie zum Beispiel dem Gepäckabholservice.» Zudem hat Swissport einen USP mit dem «Hub-Management», welches etwa für Swiss betrieben wird, bei welchem sämtliche Jobs von der Landung bis zum Start eines Flugzeugs übernommen werden, «was weit mehr als ein normales Outsourcing einzelner Aktivitäten an einen Groundhandler umfasst», wie Maresch erklärt. So gesehen ist Swissport gar in operativen Entscheidungen der Swiss mit eingebunden.

Volumina werden allerdings nicht publiziert. Die Liste der Swissport-Kunden, im Internet ersichtlich, ist jedenfalls lang. Liegt der Marktanteil in Basel bei über 95 %, ist er in Zürich «sehr hoch» (TI-Schätzung: rund 80 %) und in Genf etwas moderater (TI-Schätzung: rund 70 %).

Gemischte Reaktionen der Groundhandler auf neue EU-Direktiven

Die EU ist in den letzten Zügen einer Revision der «Ground Handling Directive». Ziel dieser Revision ist, den Airlines zu garantieren, dass sie an EU-Flughäfen genügend Groundhandler-Alternativen haben, also Monopolstellungen zu verhindern. Grosse Flughäfen sollen statt wie bisher minimal zwei neu minimal drei Groundhandler zulassen müssen. In der Schweiz ist dies bereits der Fall. 

Für Bernd Maresch (Swissport) wäre eine weitere Öffnung insofern interessant, als sich dadurch in bisher «geschützten» Flughäfen neue Marktchancen eröffneten. Wichtig sei aber vor allem, dass das «System Flughafen» gut funktioniere. Robin Simons (Aviapartner) findet die «ausgewogene Balance» ebenfalls zen-tral: «So sehr die Öffnung für mehr Groundhandler an grossen Flughäfen wichtig ist, so sehr können auch zu viele Player in einem kleinen Markt zu unrealistischen Business Cases führen.»

Mark Bradley (Dnata) gibt zu bedenken, dass eine erzwungene Erhöhung von Groundhandler-Lizenzen an gewissen Flughäfen unfair für Airlines sein könnte, welche das Groundhandling selber erledigen. Überdies hätten diverse Flughäfen nach heutigem Stand gar nicht genügend Apron-Platz für mehr Groundhandler. «Einheitliche Regeln und Strukturen für alle europäischen Flughäfen unter den bestehenden Infrastrukturen durchzusetzen, wird schwierig sein», so Bradley.

Auch Dieter Streuli (AAS) ist skeptisch: «Es ist schwierig zu beurteilen, ob eine zusätzliche Lizenz den Markt transparenter und wie gewünscht kompetitiver macht oder aber den Markt unverhältnismässig belastet und es zu ungewollten Verdrängungen kommt. Der Flughafen Zürich ist als Anschauungsbeispiel geeignet – wir spüren diese Konfliktsituation täglich sehr deutlich. Eine pauschale Anhebung der minimalen Anzahl der Lizenzen lehne ich aus diesem Grunde ab.»

Weiter prüft die EU, unter welchen Konditionen die Flughäfen selber Groundhandling-Dienstleistungen anbieten dürfen, und verlangt grössere Transparenz bei den Kosten, welche den Airlines und den Groundhandling-Partnern für die Nutzung zentraler Strukturen verrechnet werden. Dazu Simons: «Es muss sichergestellt sein, dass Flughäfen, welche selber Groundhandling anbieten, externen Groundhandlern gleiche Konditionen anbieten.» Maresch fügt an: «Die Umlage der Kosten soll transparenter sein. Ein Flughafen muss Infrastrukturkosten fair erheben, denn diese werden letztlich an den Nutzer weitergereicht.» 

Jean-Claude Raemy