Flugsicherheit: Einsatz der Ganzkörperscanner noch offen (Ausgabe 2010-02)

Bazl und Flughäfen versuchen, Ruhe in die Diskussion um Kontrollen und Sicherheit zu bringen.

Seit dem missglückten Attentat vom Weihnachtstag, bei welchem ein
Nigerianer eine Northwest-Maschine auf dem Flug Amsterdam–Detroit mit
am Körper angebrachtem Sprengstoff zu zerstören versuchte, ist die
Diskussion um zusätzliche Sicherheitsmassnahmen an Flughäfen voll in
Gang. Inzwischen geht es darum, ob die Ganzkörperscanner, im Volksmund
«Nackt-scanner» genannt, eingeführt werden sollen.

Anton Kohler, Sprecher des Bundesamts für Zivilluftfahrt (Bazl), hält
fest: «Das Bazl ist an Sitzungen eines EU-Sicherheitsexpertengremiums
dabei. Es wird diskutiert, welches die Sicherheitsziele sind und welche
Massnahmen für deren Einhaltung notwendig sind. Ganzkörperscanner sind
nur eine Möglichkeit dazu.» Der allfällige Einsatz solcher Scanner soll
EU-weit koordiniert werden. «Ein Alleingang der Schweiz diesbezüglich
macht kaum Sinn», weiss Kohler.

So liegt der Ball also bei der EU-Kommission. Diese muss entscheiden,
ob Ganzkörperscanner eingeführt werden sollen. Dazu müssen Bedenken zur
Technologie und Darstellungstechnik, zu Privatsphäre und Datenschutz
und  zu möglichen gesundheitlichen Folgen des Scannens beseitigt
werden.

Zivilluftfahrtbehörden können natürlich Ganzkörperscanner auch ohne
EU-Weisung einführen. Nach den gescheiterten Tests von 2008 am
Flughafen Zürich ist ein solches Szenario in der Schweiz
unwahrscheinlich.

Sonja Zöchling, Sprecherin des Flughafens Zürich, erklärt:
«Ganzkörperscanner sind im Moment in Zürich kein Thema. Die derzeit
verfügbare Technik entspricht noch nicht unseren Vorstellungen. Zudem
gibt es in Europa noch keine zertifizierten Geräte.» Auch in Basel ist
eine Einführung kein Thema: «Dieses neue System wird von den
französischen Sicherheitsbehörden, welche für uns massgebend sind,
weder vorgeschrieben noch zertifiziert», so Euroairport-Sprecherin
Vivienne Gaskell.

Laut Kohler soll sich Frankreich inzwischen aber für die Einführung von
Ganzkörperscannern ausgesprochen haben. Basel wird abwarten müssen, was
kommt: eine Empfehlung oder eine Vorschrift, und ob diese generell ist
oder sich auf einzelne Länder bzw. Flüge beschränkt. Gaskell: 
«Sicherheit geht immer vor, aber wir möchten die Sicherheitschecks so
flüssig wie möglich halten.»

Immerhin kommt Basel um zusätzliche Sicherheitskontrollen herum, welche
es für Flüge in die USA gibt. In Zürich und Genf müssen Passagiere auf
Flügen in die USA mit zusätzlichen Sicherheitskontrollen rechnen. Die
neuen Sicherheitsmassnahmen, welche von der amerikanischen
Luftfahrtbehörde TSA erlassen wurden, sind den Fluggesellschaften,
welche in die USA fliegen, auferlegt worden und werden auch von diesen
bezahlt.

Dennoch macht sich auch der Flughafen Zürich auf weiter steigende
Kosten gefasst. Die Kosten für Sicherheit am Flughafen Zürich betrugen
2008 CHF 113,0 Mio., ein Jahr davor noch CHF 108,5 Mio.; die Zahlen für
2009 liegen noch nicht vor. Zöchling weiss:
«Jedes Mal, wenn im Luftverkehr etwas passiert, verändern sich die
Sicherheitsauflagen kurzfristig. Es ist deshalb nicht möglich, eine
Prognose zu stellen.» Auch in Basel sind die Kosten seit 9/11 sehr
gestiegen. «Wir versuchen diese so niedrig wie möglich zu halten, indem
wir Sicherheitspersonal flexibel und verkehrsmässig einsetzen», bemerkt
Gaskell. 

Sicher ist: Ganzkörperscanner werden kaum so schnell eingeführt wie
teils kolportiert. «Selbst wenn die EU die Ganzkörperscanner will und
die Schweiz relativ schnell daraufhin die Geräte zulässt, wird noch
einige Zeit für die Beschaffung und die Personalschulung an den
Flughäfen vergehen», glaubt Kohler.

Sollten die Scanner aber dereinst kommen, wird dies für Kosten in
Millionenhöhe bei den Flughäfen sorgen – Kosten, welche als
Sicherheitskosten auf die Flugpassagiere abgewälzt würden. Schon jetzt
bezahlen Flugpassagiere pro Flug ab/nach Zürich rund
14 Franken als Sicherheitsgebühr.

Jean-Claude Raemy



Neue Regeln für USA-Passagiere


•    Handgepäck wird genauer als bisher überprüft; Verzögerungen bei der
    Security-Kontrolle sind möglich. Früh kommen und möglichst viel
    Handgepäck einchecken statt an Bord nehmen.

•    Es gibt mehr «Secondary Screening», d.h. Ganzkörperabtasten und
    manuelle Kontrolle des Handgepäcks. Davon betroffen sind alle Passagiere
    ungeachtet des Alters. Reisende aus Afghanistan, Irak, Iran, Jemen, Kuba,
    Libanon, Libyen, Pakistan, Nigeria, Somalia und Saudi-Arabien werden in
    jedem Fall einem «Secondary Screening» unterzogen.

•    Wer via Kanada in die USA einfliegt, darf kein Handgepäck mehr dabei haben
    (Ausnahmen: Handtaschen, Kamerataschen, Jacken, Laptops, Musikinstru-
    mente, medizinische Versorgung, Nahrungs-/Pflegemittel für Babys,
    Kinderwagen/Kindersitze), weil die neuen Screening-Vorgaben laut
    kanadischer Regierung zu grosse Verzögerungen verursachen.

•    Eine Stunde vor der Landung darf nicht mehr aufgestanden und Handgepäck
    aus den Fächern genommen werden. Auch während des Fluges kann auf
    Anweisung des Flugpersonals verlangt werden, kein Handgepäck auf dem
    Schoss zu haben bzw. die Hände sichtbar zu halten.       

JCR