Salamitaktik nennens die einen, umsichtiges Restrukturieren in
verkraftbaren Schritten unter Berücksichtigung der
marktwirtschaftlichen Umständen die anderen. Wir erinnern uns: Letzten
November machte Kuoni Schweiz Nägel mit Köpfen und reorganisierte
seinen Frankreich-, Städte- und Bahnspezialisten Frantour. IT und
Finanzen wurden Frantour sozusagen weggenommen und dem hauseigenen
Konkurrenten Railtour im bernischen Zollikofen übertragen. Neun
Mitarbeitende verloren ihre Stelle, CEO Guy Schönenberger nahm seinen
Hut.
Nun folgt der zweite Streich. Die Produktion von Frantour und Railtour
wird enger zusammengeführt. Aufgeteilt wird der Produktekuchen
sozusagen nach sprachlich-kulturellen Gesichtspunkten: Frantour
übernimmt Ferien im lateinischen Raum (Frankreich, Italien) und
naturgemäss die frankophonen Städte, Railtour den Rest. Wer sich die
aktuelle Produktepalette von Frantour und Railtour vor Augen führt,
weiss, wo diese Restrukturierungsmassnahme zur grösseren Blutung führt.
Doppelspurigkeiten sind ein Luxus. Heute mehr denn je. Darum stellt
sich dieselbe Frage immer wieder von Neuem: Braucht Kuoni Frantour
überhaupt, wenn Railtour dasselbe doch ebenfalls kann? Ennet dem
Röstigraben ist die Antwort eindeutig: Frankreich ist das meistbesuchte
Reiseland der Schweizer. Und wer könnte glaubwürdiger Frankreich-Ferien
verkaufen als Frantour, ein Unternehmen mit 40-jähriger Geschichte,
französischem Charme und Schweizer Qualitätsansprüchen?
Bloss: Braucht es dafür ein Unternehmen, oder reicht die starke Marke?
Dies pendelt Kuoni zurzeit aus. Noch ist man aber dezidiert: An der
Marke wird nicht gerüttelt am Standort in der Romandie ebenfalls
nicht. Darum ist man bei Frantour zurzeit auf Wohnungs-, genauer auf
Bürosuche. Denn ab nächstem Jahr wird der Bahnhof Genf umgebaut. Die
Bautätigkeiten werden sich über mehrere Jahre hinziehen und Frantour
muss seine Büros räumen. Eigentlich der ideale Zeitpunkt für einen
Umzug nach Zollikofen, möchte man meinen. Aber nein: Frantour sucht im
Raum Genf.
Ironie der Geschichte: Die letzte Reorganisation vom November 2008
macht die jetzige Reorganisation möglich und aus der
Unternehmenssicht Kuonis nötig. Das Bild der Schlange, die sich selbst
in den Schwanz beisst, drängt sich auf. Und das war sicher nicht das
letzte Mal, dass sie zugebissen hat.