Gesucht: Ideale Grundausbildung (Ausgabe 2007-05)

Der Schweizerische Reisebüro-Verband (SRV) setzt seine Hoffnungen nun entweder auf Verbesserungen bei der Revision der neuen kaufmännischen Grundbildung (NKG) oder auf eine neue, brancheneigene Ausbildung. Insbesondere die grossen TOs haben sich von der DHF-Ausbildung viel versprochen und entsprechende Ausbildungsplätze eingeplant. Ralph Weller, Leiter Human Resources Schweiz von Kuoni, bedauert den Entscheid: «Die Chance wird verpasst,

Der Schweizerische Reisebüro-Verband (SRV) setzt seine Hoffnungen nun entweder auf Verbesserungen bei der Revision der neuen kaufmännischen Grundbildung (NKG) oder auf eine neue, brancheneigene Ausbildung. Insbesondere die grossen TOs haben sich von der DHF-Ausbildung viel versprochen und entsprechende Ausbildungsplätze eingeplant.

Ralph Weller, Leiter Human Resources Schweiz von Kuoni, bedauert den Entscheid: «Die Chance wird verpasst, einerseits Lernende mit den zukünftigen Anforderungen der Reisebranche auszubilden und andererseits die Nachwuchsförderung sicherzustellen. Nun gilt es, mit dem SRV so rasch wie möglich neue Lösungen zu finden, damit wieder mehr Lehrstellen in der Reisebranche angeboten werden können, welche die zukünftigen Anforderungen abdecken. Anzustreben ist in erster Linie eine Verbesserung der NKG mit Fokus auf Beratung und Verkauf. Natürlich sind wir auch offen für neue Ideen bezüglich einer Ablösung der NKG, wenn diese sicherstellt, dass das gleiche Branchenwissen vermittelt wird wie bis anhin.»

Bei Hotelplan sieht man die Zukunft in einer neuen Branchen-Grundausbildung. Monika Kramer, Leiterin Human Resources Verkauf erklärt: «Wir erachteten die DHF-Lehre als optimale Ergänzung zur NKG und waren der Ansicht, dass die Bedürfnisse im Verkauf mit dieser Lehre besser abgedeckt werden als mit der NKG. Um den stetig steigenden Bedürfnissen im Verkauf gerecht zu werden, sollte eine brancheneigene Ausbildung mittelfristig ins Auge gefasst werden. Basierend auf fundierten Branchenkenntnissen sowie Beratungs- und Verkaufsskills müssen Sprachen, Allgemeinwissen und Umgangsformen den wesentlichen Teil einer solchen Ausbildung darstellen. Die NKG ist eine sehr gute Ausbildung, nur wird sie den Anforderungen in Bezug auf Beratung und Verkauf zuwenig gerecht.»

Im Gegensatz dazu glaubt TUI Suisse an eine optimierte NKG. «Die NKG ist eine sehr gute Ausbildung, die sich bewährt hat. Durch Anpassungen per August 2006 wurde eine leichte Verminderung des administrativen Aufwandes für die Berufsbildner erzielt. Verbesserungen sehen wir bei den überbetrieblichen Kursen (üK), wo der Bereich Verkauf stärker gewichtet werden sollte», so Doris Sciessere, Manager Human Resources Distribution.

Gibt es denn überhaupt einen akuten Handlungsbedarf? Dazu einer der damaligen Gegner der DHF-Ausbildung, Kurt Eberhard, Präsident der Vereinigung Zürcher Reisebüros (VZR): «Aus meiner persönlichen, subjektiven Sicht ist der nicht so dringend, aber offenbar doch vorhanden. Ich bin weit davon entfernt, zu glauben, dass uns dieses Thema nicht weiterhin beschäftigen sollte, nur weil die DHF jetzt nicht eingeführt wird. Die Sicherung der Ausbildung unseres Nachwuchses steht für mich im Vordergrund. Wenn also wichtige Protagonisten und/oder eine Mehrheit der Betroffenen der Meinung sind, dass wir hier Handlungsbedarf haben, dann bieten wir vom VZR gerne Hand zu Lösungen.»

Eberhard sieht gewisse Optimierungsmöglichkeiten bei der NKG: «Der ganze Betreuungsaufwand, z.B. bei den Prozesseinheiten, muss insbesondere für Kleinstbetriebe reduziert werden. Ich meine damit nicht, dass sich die Lehrbetriebe weniger um ihre Lernenden kümmern sollen, aber es muss einfach in einem vernünftigen Verhältnis sein. Die Revision der NKG hat ja hier schon angesetzt, und es gilt zuerst die Auswirkungen zu prüfen.»

Was meint Eberhard zu einer neuen, brancheneigenen Grundausbildung, falls die NKG-Revision nicht die gewünschten Resultate bringt? «Wenn ich mich umhöre, ist die Idee nicht völlig abwegig. Ich appelliere aber an den SRV, dass man hier zuerst eine fundierte und vor allem breit abgestützte Bedarfsanalyse macht und die Machbarkeit seriös evaluiert. Es wäre fatal, nochmals ein solches Projekt aufzugleisen, ohne absolut sicher zu sein, was gewünscht ist und was überhaupt möglich ist. Wenn das hingegen gemacht wird, stehe ich dem persönlich positiv gegenüber. Ich betone aber, dass dies meine persönliche Meinung ist und nicht mit dem VZR-Vorstand abgesprochen wurde», so Eberhard.

Daniel Bauer, Ausbildungsverantwortlicher der Basler Reisebüro-Vereinigung (BRV) sieht akuten Handlungsbedarf nur dann, wenn realistischerweise neue Ausbildungsplätze geschaffen werden können: «Die NKG trägt nicht die alleinige Schuld für den Lehrstellenschwund. Die Einführung der DHF hätte eher eine Verlagerung gebracht. Die Chance, dass der Verkaufsaspekt in der NKG genügend hoch bewertet wird, erachte ich als klein, weil sich die anderen Branchen kaum etwas diktieren lassen. Wir müssen eher Richtung eigene Ausbildung schauen. Es ist sinnvoll, dazu zu stehen, vom KV wegzukommen.»

Chris Probst

«Jetzt sollten wir das Beste aus der NKG machen»

Ueli Hunkeler ist Abteilungsleiter Grundausbildungen der Internationalen Schule für Touristik IST in Zürich. Wie sieht er die Zukunft?
«Handlungsbedarf besteht mindestens teilweise. Die NKG berücksichtigt die Bedürfnisse der Reisebranche nicht optimal. Die Ausbildung in Verkauf und Beratung müsste verstärkt werden. Dies wäre sogar im Rahmen des bestehenden Modelllehrgangs möglich: Man könnte zum Beispiel im Rahmenlehrplan mehr Lektionen für Beratung und Verkaufstraining einbauen. Allerdings müssten dann andere Lektionen gestrichen werden, denn noch mehr Branchenkunde-Lektionen können die Lernenden nicht verkraften. Ich könnte mir vorstellen, dass eine Arbeitsgruppe des SRV, zusammengesetzt aus Verkaufsprofis und Schulungsfachleuten, diese Optimierung der Branchenkunde an die Hand nehmen könnte.
Die Lehrbetriebe selber könnten sehr viel mehr zur Schulung von Beratung und Verkauf beitragen. Sie spielen in diesem Bereich eine tragende Rolle, denn richtig beraten und verkaufen kann man nur in der Praxis üben.
Sehr skeptisch bin ich einer brancheneigenen Ausbildung gegenüber. Dies dürfte aus verschiedenen Gründen schwierig werden, denn die anderen Tourismusbereiche (Incoming, Hotellerie) haben teilweise  andere Bedürfnisse, und sind nicht unbedingt die Idealpartner. Die Ausarbeitung einer eigenen Lehre dürfte ein finanzielles Abenteuer sein. Im Moment haben wir die NKG – machen wir das Beste daraus!»  
 CP