Es ist keineswegs selbstverständlich, dass der Tourismus in Griechenland im auslaufenden Jahr mit rund 23 Millionen internationalen Besuchern einen neuen Rekord erzielte. Wir sprechen hier von einem Land, das 2008 beinahe Staatsbankrott ging und seither unten durch muss. Denn die Notkredite sind mit rigiden Vorgaben der Gläubiger-Troika (EU, Europäische Zentralbank, Interna-tionaler Währungsfonds) verknüpft.
Der aufgezwungene Sparkurs hat zwar zur Folge, dass der Staatshaushalt wieder allmählich ins Lot kommt doch zu welchem Preis? Die Wirtschaftsleistung Griechenlands ist inzwischen fast um ein Viertel eingebrochen, die Arbeitslosenquote stieg auf 26% und das Land steckt im siebten Jahr in einer Rezession.
In dieser äusserst schwierigen Zeit wurde aber auch klar, welch grosse Bedeutung die Tourismusindustrie für das Land hat. Dabei geht es nicht nur um den hohen Anteil am Inlandprodukt von rund 16%, sondern vor allem auch um die explizite Wahrnehmung der Chancen, die in diesem Wirtschaftszweig stecken. Der Industrie ist es gelungen, diese Chancen zu packen: Hellas, seit jeher schon dank den gegebenen Vorzügen ein klassisches Reise- und Ferienland par excellence, hat das Produkt und die Servicequalität erneuert und wartet heute mit einem hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis auf. Dies wird von den internationalen Besuchern honoriert. Dass Griechenland dabei auch von Krisen in andern beliebten Ferienländern profitiert, sei nicht unterschlagen.
Noch haben sich aber die dunklen Wolken über Hellas nicht verzogen. Die Bevölkerung hat bis anhin die bittere Pille auf höchst bewundernswerte Weise geschluckt doch das Fass könnte überlaufen. Bei den nächsten Wahlen droht die bisherige Koalitionsregierung Samaras von der linksradikalen Syriza-Partei abgelöst zu werden, die sich den Vorgaben der Troika gegenüber nicht verpflichtet fühlt. Was dies allenfalls auslösen könnte, ist kaum abschätzbar.
Und eine weitere Sparrunde bringt aktuell die Hoteliers auf die Palme, die eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für Hotels von 6,5 auf 13% befürchten: Damit werde der touristische Aufschwung mutwillig abgewürgt. Kurz bis in Griechenland wieder «courant normal» herrscht, dürfte noch einige Zeit vergehen.