Es ist momentan keine besonders gute Zeit für kleine Kurz- und Mittelstreckenairlines in Europa. Entsprechend kommen, grounden und verschwinden sie in kurzen Zeitabständen. In dieser turbulenten Zeit gedeiht Helvetic Airways erstaunlich gut, schreibt jährlich schwarze Zahlen und hält die Flugpläne konstant.
Auf der Suche nach Gründen fällt das Augenmerk rasch auf den zahlungskräftigen Eigentümer Martin Ebner, der sichtlich Freude an seiner Airline hat und auch gerne investiert etwa wenn es darum geht, das Aktienkapital zu verdoppeln, um damit im Markt günstigere Konditionen zu erhalten. Vor diesem Hintergrund lässt es sich natürlich angenehmer arbeiten. Der einzige Grund für den Erfolg von Helvetic Airways ist er freilich nicht. Wenn mit dem Geld nicht gut gewirtschaftet würde und die Fluglinie ein Fass ohne Boden wäre, wäre ein knallharter Kalkulierer wie Ebner schnell weg.
Der Erfolg ist viel mehr in der Drei-Säulen-Strategie der Airline zu finden, an der man sich auch in unruhigen Zeiten festklammert: Wet-Leasing, Charterflüge (teils mit Ethnic Traffic) und Linienflüge in Nischendestinationen. Von Rennstrecken mit viel Konkurrenz und teuren Slots lässt man die Finger. Das viele Marketinggeld, das Helvetic Airways für den Aufbau von neuen Routen wie zum Beispiel nach Bordeaux in die Hand nehmen muss, scheint sich hingegen auszuzahlen. Seit sich die Airline im Sommer 2012 wieder auf ihre Kernkompetenz, die
Nischendestinationen, besonnen hat, geht es mit der Auslastung der Maschinen stetig aufwärts.
Die aktuellen Offensiven von Swiss und Etihad Regional, die ab Zürich neue Europa-Destinationen en masse aufnehmen, können Helvetic Airways deshalb nicht gefallen. In den typischen Helvetic-Destinationen Bari und Brindisi bekam sie die Auswirkungen bereits zu spüren. Doch auch aus dem Balkan weht ihr ein scharfer Wind entgegen, wo sich neue Günstiganbieter wie etwa der Schweiz-Ableger von Germania breitmachen. Hier (und auch sonst) dürfte Helvetic Airways von ihrer Konstanz profitieren, welche die TO-Partner davon abhalten wird, sofort die Airline zu wechseln.
Last but not least ist Helvetic Airways eine Art vertikal integrierte Fluggesellschaft, die sowohl eine Flugschule als auch eine Maintenance-Linie ihr Eigen nennt. Letztere beschert den Flugzeugen eine deutlich höhere Einsatzzeit. Das Motto «aufwändig, aber ertragreich» scheint also auf diverse Bereiche von Helvetic Airways zuzutreffen.
Stefan Jäggi