Icelandair setzt als Hub-Carrier voll auf Europa und Nordamerika (Ausgabe 2014-09)

Die aufstrebende isländische Fluggesellschaft setzt dabei vor allem auf den Leisure-Sektor.

Keflavík, der Hub von Icelandair nahe Reykjavík, liegt nur leicht nördlich der üblichen Transatlantik-Flugrouten und kann rund um die Uhr angeflogen werden. Das erlaubt es dem isländischen Carrier, «sternförmig» Routen zwischen Europa und Nordamerika anzubieten. 

Dank dieser Vorteile baut Icelandair das eigene Netzwerk konsequent aus. Nachdem im letzten Sommer unter anderem Verbindungen nach Zürich lanciert wurden, wird die Schweiz nun noch besser angeschlossen, indem Genf vom 24. Mai bis 23. September ebenfalls nonstop bedient wird.

Die Fluggesellschaft kann sich die Expansion leisten – sie ist kerngesund. Icelandair ist dabei nur ein Teil der Icelandair Group, wenn auch der wichtigste. Zur Holding gehören noch das Bodenabfertigungsunternehmen Icelandair Ground Services, Icelandair Cargo, die Regionalfluggesellschaft Air Iceland, Icelandair Hotels, der TO Iceland Travel, die Leasingunternehmen Loftleidir Icelandic und Icelease sowie der Finanzdienstleister Fjárvakur.

Zur Gesundheit der Airline trägt dessen strategische Ausrichtung wesentlich bei, wie CEO Birkir Hólm Gunason ausführt: «Icelandair setzt vor allem auf Leisure-Kundschaft. Business-Reisende machen 10–20 % unserer Passagiere aus. Während der Finanzkrise 2008 haben wir deshalb nicht so stark gelitten.»

In der Werbekommunikation und bei Präsentationen hebt Icelandair stets die Verbindungsmöglichkeiten nach Nordamerika hervor. Doch bleibt Island selber ein Passagiermagnet. «Rund 40–50 % unserer Passagiere aus Europa und Nordamerika reisen nach Island», sagt Birkir Hólm Gunason, die Transitpassagiere zwischen Nordamerika und Europa machen in beide Richtungen rund 30–40 % aus, während isländische Passagiere mit Ziel Europa oder Nordamerika rund 15–20 % unseres Volumens darstellen.»

Die Topziele von Icelandair in Bezug auf Passagieraufkommen sind derzeit in Europa Kopenhagen, London und Oslo, in Nordamerika Boston, New York und Seattle. Die Ausdehnung des Icelandair-Streckennetzes ist übrigens aufgrund der Flotte limitiert. Icelandair setzt voll auf Boeing 757, die «nur» rund 7200 km Reichweite haben. Das ist für den CEO kein Problem: «Wir konzentrieren uns ja auf Nordamerika und Europa, da sind diese Reichweiten genügend. In beiden Märkten haben wir viel Ausbaupotenzial. Wichtig ist nur die Verfügbarkeit von Slots, damit wir gute Verbindungen bieten können und unsere Flugzeuge optimal ausgelastet sind.»

Die B-757 sind aber mit einem Durchschnittsalter von 15 bis 18 Jahren nicht gerade der letzte Schrei. Auch da sieht Gunason kein Problem: «Dank der einheitlichen Flotte sparen wir bei den Maintenance- und Ausbildungskosten. Wir schliessen den Kauf von Airbus-Flugzeugen nicht kategorisch aus, aber für uns ist Boeing derzeit günstiger. Deshalb haben wir neue Maschinen des Typs B-737 MAX bestellt, welche ab 2018 ausgeliefert werden.»

Icelandair gehört keiner Allianz an, agiert aber nicht isoliert. Der Carrier verfügt über kommerzielle Vereinbarungen mit Finnair, SAS, Westjet, Jetblue und Alaska Airlines. «Wir haben nichts gegen Allianzen», erklärt der CEO, «aber wir möchten unabhängig agieren, um entsprechend unseren Bedürfnissen weitere kommerzielle Vereinbarungen eingehen zu können.»

Icelandair setzt auf Flexibilität

Icelandair hat ihr Streckennetz in den letzten Jahren deutlich ausgebaut. Aber auch andere Carrier bedienen Island besser. Aktuell steht Icelandair in Basel mit Easyjet, in Genf mit Charter-Anbietern und in Zürich mit Wow Air und weiteren Charter-Anbietern in direkter Konkurrenz auf Strecken nach Reykjavík. Das beunruhigt CEO Birkir Hólm Guðnason nicht weiter: «Unser Vorteil liegt in der Flexibilität, dank mehrerer Flüge pro Woche. Überdies kann man bei uns Transatlantikflüge buchen und diese einfach mit Island-Aufenthalten kombinieren.» Bei Flügen nach Nordamerika erlaubt Icelandair nämlich einen Gratis-Stop-over von sieben Tagen in Island. 

«Mid-Atlantic» hofft auf Schweizer

Zum 22. Mal fand kürzlich die Reisemesse «Mid-Atlantic» in Reykjavík statt. Bei der diesjährigen Ausgabe präsentierte sich Island gemeinsam mit Grönland; Kombinationsferien auf beiden Inseln standen im Vordergrund. Von den gut 210 Ständen an der Messe waren 70 mit Anbietern aus den USA und Kanada besetzt, rund 100 mit isländischen Unternehmen. Den Rest machten Anbieter aus anderen nordischen Ländern, aus Deutschland und Österreich aus. Einen Stand mit Schweizer Beteiligung suchte man vergeblich. Dank Icelandair ändert sich dies bald, hofft Gründer Steinn Lárusson. 

Cédric Diserens, Reykjavík