Innovative Lösungen sind gefragt (Ausgabe 2007-50)

Jean-Claude Raemy zur Problematik der Nachfolgeregelung

Die letzten zwei Jahre waren in der Reisebranche von einer
fortschreitenden Konsolidierung geprägt. Einerseits gab es
internationale «Elefantenhochzeiten», gerade in der Schweiz wurden aber
auch einige eigenständige, besitzergeführte Unternehmen von grösseren
Einheiten übernommen – das Spektrum reichte von der Übernahme von
Travelhouse durch Hotelplan bis zur Übernahme von Latino durch Knecht
oder der Integration des Reisecenter Carlucci in TUI. Vorausgegangen
war die Sorge der Inhaber um die langfristige Sicherung der Firma,
nicht selten des Lebenswerks, und der Arbeitsplätze. Vielleicht wurden
sie auch heftig umworben. Fakt ist: In der Regel wurde die Firma
verkauft und somit die Eigenständigkeit am Markt aufgegeben –
Markenerhalt oder Mitspracherecht hin oder her.

Es geht auch anders. Thomas Bolliger macht es mit RMR Reisen Neuhausen
vor. In einem mehrstufigen Management-Buy-Out gibt er langjährigen
Mitarbeitern zu guten Konditionen die Möglichkeit, dereinst selber ans
Ruder zu kommen. Bolliger, noch zehn Jahre von der Pensionierung
entfernt, hat Weitsicht bewiesen. Andere Inhaber standen oder stehen
beim Verkauf ihrer Firma mehr unter Zeitdruck, noch andere (z.B.
Bischofberger Info-Reisen) erzielten eine Lösung erst, nachdem der
Firmeninhaber schon weit über dem Pensionsalter hinaus war.

Von der Nachfolgefrage sind zahlreiche Schweizer (Reise-)Unternehmen
betroffen. Es ist wichtig, sich (früh) damit auseinanderzusetzen – die
Regelung der Nachfolge ist eine Führungsaufgabe. Einfach ist es nicht:
Betriebswirtschaftliche, rechtliche, steuerliche und nicht zuletzt
menschliche Aspekte müssen berücksichtigt werden. Die Einbindung in
einen grösseren Verbund erscheint schnell als einfachste Lösung. Doch
kann ein Verkauf an Dritte Unruhe und Unsicherheit nach sich ziehen;
Führungskräfte niedrigerer Stufen sehen sich dann oft nach Alternativen
um (wie z.B. einige bei Travelhouse).

Ein Verkauf des Unternehmens an eigene Mitarbeitende bietet den
Vorteil, dass der Nachfolger Firma und Markt kennt, somit Kontinuität
gewährleistet, und vielleicht höhere Akzeptanz geniesst. Garantiert ist
dies natürlich nicht. Aber man darf sich dennoch fragen, wieso eigene
Mitarbeitende beim Generationenwechsel so selten zum Zug kommen, im
Vergleich zur Anzahl Firmenverkäufe an grössere Organisationen. Ist das
etwa eine Folge des (hausgemachten) Ausbildungsmangels in der Branche?