Internet überflügelt Reisebüro (Ausgabe 2008-36)

Die jüngste Elvia-Studie bestätigt die Befürchtungen der Agenten.

Das Ergebnis der Elvia-Studie 2008 zum Reiseverhalten der Schweizer
Bevölkerung zeigt es schwarz auf weiss: Erstmals buchten im vergangenen
Jahr mehr Schweizer ihre Ferien im
Internet als im Reisebüro.

Für die diesjährige Studie wurden insgesamt 1002 Personen zwischen 15 und 74 Jahren in der Deutsch- und Westschweiz befragt.

29% der Schweizer lassen ihre Ferien durch ein Reisebüro organisieren
(Vorjahr: 30%). Das ist ein Wert, der über die letzten zehn Jahre
hinweg mehr oder weniger stabil geblieben ist. Doch
obwohl der Rückgang statistisch nicht signifikant ist, kann die gesamte
Entwicklung seit 2003 als kontinuierlicher Rückgang der Buchungen im
Reisebüro betrachtet werden.

Vor allem bei Pauschalreisen oder komplexeren Angeboten wird dem
Reisebüro weiterhin Vorzug ge-geben. Einfache und billige Angebote
werden hingegen vermehrt im Internet gebucht. 2008 buchten 32% der
Schweizer Ferien im Internet – aufgrund der obskuren Kategorie
«Selbstorganisierer», die Elvia aus Vergleichsgründen beibehält, ist
dieser Wert vermutlich sogar zu tief angelegt. Der Anteil der Personen,
die ihre Reisen nie im Reisebüro buchen, liegt mittlerweile bei 43%.

Erstmals liegt das Internet auch als Entscheidungshilfe mit 37% der
Nennungen (2007: 32%) an erster Stelle. Die einfache eigene
Nachforschung oder der globale Web-Erfahrungsaustausch sind somit die
tragenden Informationsquellen. Die Bedeutung der Empfehlung durch
Dritte ist mit 35% aber stabil geblieben (2007: 36%). Abgenommen hat
die Bedeutung des Katalogs, und zwar um 4% auf 31%.

Nicht erstaunlich: Das Internet wird vor allem von den 26- bis
39-Jährigen als Buchungs- und Infomedium genutzt, zu 41% (Vorjahr:
33%). Das Reisebüro konnte als Buchungskanal dagegen bei den Senioren
(65–74 Jahre) um 3% auf 43% zulegen.

Überraschend ist, dass einfache Flüge nicht hauptsächlich über Internet
gebucht werden: Hier wird in etwa zur Hälfte im Reisebüro und im
Internet gebucht. Möglicherweise spielt hier der Faktor «Vertrauen»,
der weiterhin die Achillesferse des Internets bleibt. Denn von jenen
50%, die Flüge im Internet buchen, tun dies 34% direkt auf den Websites
der Airlines, und nur 16% auf anderen Websites wie einem
Online-Reisebüro.

Für Vertrauen in den Reisebürokanal spricht auch der hohe Anteil von
71%, die eine Stammfiliale haben. Das Verhältnis ist ähnlich, wenn es
um die Wahl des Veranstalters geht: 70% der Befragten bevorzugen ihre
Reiseleistungen bei ein und demselben Reiseveranstalter zu buchen,

Allgemein erfreulich ist zudem, dass die Reisetätigkeit der Schweizer
nicht abgenommen hat. 89% der Schweizer verreist mindes-tens einmal pro
Jahr für längere Zeit (> drei Übernachtungen). Dieser Prozentsatz
ist der höchste seit 2005. Im Schnitt werden pro Jahr 2,7 Reisen von
mehr als drei Übernachtungen gebucht (2006: 2,47).

Das heisst aber für Reisebüros nicht, dass der Druck abnimmt: 2003
buchten Reisebürokunden noch durchschnittlich 1,3 Reisen pro Jahr im
Reisebüro; 2008 war es im Durchschnitt weniger als eine Reise (0,9).

Weiter im Aufwind sind Frühbuchungen, was sich in diesem Jahr deutlich
bestätigte: 69% der Schweizer reservieren ihre Reise mehr als vier
Wochen im Voraus (44% gar mehr als acht Wochen im Voraus). Dagegen sind
die Last-Minute-Buchungen rückläufig – und dieser Trend ist laut der
Studie in allen Altersklassen ab 25 Jahren bemerkbar. Wirkliche
Last-Minute-Ferien (höchstens 2 Wochen vor Abreise) buchten nur noch
12% (2007: 14%) der Befragten.

Jean-Claude Raemy

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