Kenias Tourismus am Scheideweg (Ausgabe 2011-46)

Auswirkungen der Zwischenfälle in Kenia

Kenia bangt um seine Touristen. Nach einer Häufung von Negativmeldungen von Entführungen und Anschlägen befürchtet das Land, dass westliche Touristen ihre Reisen stornieren werden, und dies mitten in der Hochsaison. Die Auswirkungen wären verheerend: Kenia empfängt pro Jahr rund 1,2 Millionen Touristen, und die Branche steuert 60 (!) Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Zumindest im Schweizer Quellmarkt scheinen diese Befürchtungen aber unbegründet. Keiner der Kenia-Veranstalter stellt einen Einbruch der Nachfrage fest. Auch die Kunden, die bereits gebucht haben, sind offenbar nicht sonderlich beunruhigt. 

Die Abgebrühtheit der Schweizer Kenia-Touristen kann verschiedene Ursachen haben. Erstens handelt es sich nicht um anhaltende und weit reichende Unruhen, wie dies etwa in Tunesien und Ägypten der Fall war. Zweitens fanden die organisierten Überfälle und Entführungen allesamt in der Grenzregion zu Somalia statt – einem Gebiet, das sich bei einer Kenia-Reise gut vermeiden lässt. Der Vorfall im Shaba-Nationalpark gehörte höchstwahrscheinlich nicht in dieselbe Kategorie, sondern war ein «Versehen» inmitten eines Bandenkonflikts. Und drittens ist eine Safari in Afrika, so gut organisiert die Reisen auch sein mögen, immer mit einem gewissen Restrisiko behaftet – entsprechend zieht Kenia eine Kundschaft an, die zu differenzieren weiss und sich aufgrund einzelner Negativmeldungen nicht die Reiselust verderben lässt.

Dennoch könnte Kenia mehr tun, um solche Ereignisse zu verhindern. Verschiedene Schweizer Spezialisten sind der Meinung, dass ein besseres und strukturierteres Vorgehen der kenianischen Regierung und Polizei die Sicherheit im Land deutlich verbessern würde. Wichtig wäre dies vor allem im Hinblick auf das kommende Jahr, wenn die nächsten Präsidentschaftswahlen stattfinden. Die letzten Wahlen führten zu den schweren Unruhen 2007/08. Die Einreisen aus der Schweiz fielen damals fast um die Hälfte von 22000 pro Jahr auf gut 12000. Ganz erholten sie sich danach nicht mehr; im letzten Jahr reisten 15600 Schweizer nach Kenia.

Die Auswirkungen der nächsten Wahlen sind unmöglich vorherzusehen; es gibt aber Schweizer Spezialisten, die davon ausgehen, dass die Kenianer aus ihren Feh-lern gelernt haben. Denn eines ist sicher: Während die Schweizer TOs mit dem Nachbarland Tansania eine gute Alternative anbieten könnten, würde Kenia einen erneuten Einbruch der Gästezahlen nur schwer verkraften. 2012 wird ein entscheidendes Jahr für Kenias Tourismus.