Klassischer Win-Win – eventuell nicht für alle (Ausgabe 2013-26)

Die Diethelm-Keller-Gruppe beteiligt sich an Globetrotter

Globetrotter-CEO André Lüthi ist zwar nicht gerade ein seltener Gast in den Medien. Dennoch hat er den jüngsten Coup der Globetrotter Group geheim halten können, so dass bis letzten Sonntag niemand den Deal zwischen Globetrotter und der Diethelm-Keller-Gruppe (DKG) kommen sah. Ein Deal, der auf den ersten Blick für beide Seiten nur Vorteile bietet.

Die DKG hat Globetrotter zwar nicht übernommen oder zumindest nicht die Mehrheit. Dennoch kann sie Globetrotter in ihr Reiseunternehmen-Portfolio rechnen und dieses nicht unwesentlich vergrössern. Noch wichtiger: Sie kann vom Know-how der Berner Reisegruppe profitieren. Lüthi soll STA Travel in Zentraleuropa wieder auf Vordermann bringen. Dafür existieren dem Vernehmen nach mehrere Szenarien, wobei das «Wunschszenario» ist, dass sich STA und Globetrotter komplementieren. 

Globetrotter wird umgekehrt von Volumensynergien profitieren können, welche dank der Partnerschaft mit der wesentlich grösseren STA Travel auf globaler Ebene zu erzielen sind, z.B. beim Flugeinkauf oder bei IT- und GDS-Deals. Ausserdem steht mit der DKG ein kerngesundes, hoch liquides Unternehmen im Rücken, welches sich den Ausbau der Reisesparte auf die Fahne geschrieben hat – was in den aktuellen turbulenten Zeiten unserer Branche überraschen mag. Die vorsichtigen, geradezu medienscheuen Topmanager der DKG wissen aber ganz klar, was sie tun.

Man darf also getrost von einer klassischen Win-win-Situation sprechen. Wobei es natürlich offene Fragen gibt. Zum einen, wie der Deal langfristig aussieht. Stand jetzt haben Lüthi und Kamm immer noch die Kontrolle über die Globetrotter-Gruppe, auch ohne Mehrheit innerhalb der Holding. Gibt es einen Plan für eine mittel- oder langfristige komplette Übernahme von Globetrotter durch DKG? Lüthi verneint dies. Doch in einem Aktionärsbindungsvertrag dürften zumindest Szenarien festgelegt sein, welche in diese Richtung gehen.

Und wie weiter bei STA Travel? STA war bislang gleichzeitig Kunde (z.B. bei Sprachschulangeboten) und Konkurrent von Globetrotter. STA ist besser in der Romandie und Online aufgestellt, ansonsten aber hat die Firma grössere Probleme. Die neue Chefin Caroline Bleiker steht vor einer grossen Herausforderung. Und was mit den STA-Standorten passiert – ausser in der Romandie hat es überall auch Globetrotter-Filialen – ist beileibe noch nicht klar ausgedrückt worden. Vielleicht gibt es bei diesem tollen Deal unter dem Strich dann auch Looser.

Jean-Claude Raemy