Knacknuss für Yield Manager (Ausgabe 2010-13)

Jean-Claude Raemy zum London-Überangebot

Nach dem Austritt von Aer Lingus kämpfen 2010 in der Schweiz drei
Airlines um Nonstop- Passagiere nach London: Swiss, British Airways und
Easyjet. London ist als Finanzzentrum von Weltrang, als beliebtes
Städtereisenziel sowie als Umsteigeflughafen ein Knotenpunkt des
weltweiten Luftverkehrs.

Das Angebot aus der Schweiz deckt den hohen Bedarf mehr als ab. 371
Flüge gibt es im Sommer pro Woche, das Sitzplatzangebot bewegt sich je
nach Datum zwischen rund 51000 und 58500 pro Woche. Macht verteilt auf
die 26 Wochen des Sommerflugplans um die 1,4 Mio. Plätze. Das sind
doppelt so viele Plätze, wie Personen aus der ganzen Schweiz 2009 nach
Grossbritannien (also nicht nur London) gereist sind!

Über die Auslastungen lässt sich nur spekulieren. Aufschluss geben die
sehr kompetitiv ausgelegten Preise. Bei Easyjet gibt es One-Way-Tarife
ab CHF 36, und wer lange im Voraus bucht, bezahlt selten mehr als CHF
90 One-Way. Doch bei kurzfristiger Buchung kann ein One-Way auch mal
CHF 340 kosten. Bei Swiss ist der Preisbereich der Strukturtarife («All
Year Fares») «auf den Markt abgestimmt», wie Marketingchef Thomas Benz
erklärt, was sich in den relativ wenigen Promotionen zeige, bzw. in den
wenig differenzierten Promo-Fares, welche normalerweise noch 10 CHF
tiefer sind als die Strukturtarife. British Airways ihrerseits
bezeichnet sich als «Preisführer nach London», wobei das nur punktuell
oder in Bezug auf Preis-/Leistung gemeint sein kann. Für die Yield
Manager jedenfalls ist London eine echte Knacknuss.

Bei vergleichbar tiefen Preisen müssen andere Verkaufsargumente für
Volumen sorgen. Easyjet ist klar als «No-frills» mit tiefen (aber sehr
variablen) Preisen und der Möglichkeit einfachen Umbuchens
positioniert, und fliegt Randflughäfen von London an. Die beiden
Full-Service-Airlines konkurrieren beim Produkt und den angeflogenen
Flughäfen enger, hier entscheiden Service-Details oder «Swissness vs.
Britishness».

Vielleicht hilft auch ein gutes Verhältnis zu Reisebüros. Denn obwohl
London immer als Parade- beispiel für von Endkunden selbst gebuchte
Flüge herhält, sieht die Realität so aus, dass bei BA zwar rund 30%
über die eigene Website und 5% über Online-Reisebüros verkauft werden,
die restlichen 65% aber weiterhin über den
Consolidator-/Reisebürokanal. Swiss nennt keine präzisen Zahlen, deutet
aber an, dass man in ähnlichen Bereichen wie BA liege.