Mit ihrem Geschäftsmodell und ihrer Strategie ist die Knecht Reisegruppe erfolgreich unterwegs. Im Jahresbericht 2014 gibt es zwar einige Minuszeichen, doch die betreffen in den wenigsten Fällen das Kerngeschäft. So verlor z.B. das Massen- und Pauschalgeschäft im Retailing Umsatz. Für Knecht ist dies verkraftbar, solange sich die Eigenprodukte gut entwickeln und das tun sie.
Zweites Beispiel: Das Onlinegeschäft, noch nie die gros-se Stärke von Knecht, war ebenfalls rückläufig. Für den Veranstalter ist dies eher noch eine Bestätigung seiner Strategie. Vom Onlinevertrieb lässt er weitgehend die Finger und bietet nur das Nötigste an. Das Geld, das er dort an Investitionen spart, steckt er lieber in Destinations- und Verkaufsschulungen.
Der Nachteil der klaren Fokussierung aufs Kerngeschäft ist, dass organisches Wachstum kaum möglich ist. Will die Knecht Reisegruppe wachsen, muss sie das über Akquisitionen machen, was auch oft geschieht. Die strategischen Zukäufe gedeihen dabei prächtig, was sich im
Rekordergebnis von Glur widerspiegelt oder in der Entwicklung von Kira, den man in der Vergangenheit aus den roten Zahlen herausholen konnte. Hier zahlt sich aus, dass man bei den Akquisitionen sehr wählerisch vorgeht. Nur einmal war dies in letzter Zeit nicht der Fall: Vasellari wurde eher in einer Art Notfallübung übernommen, und prompt steht dort nun eine zweistellige Minuszahl.
Mit den erwähnten Strategien erzielt die Knecht Reisegruppe Margen, die doppelt und dreimal so hoch sind wie jene der Mitbewerber. Wie lange kann es so weitergehen? Zurzeit spielt Knecht die demographische Entwicklung in die Hände. Mit Baumeler, Glur, RHZ, EWT etc. hat das Unternehmen Anbieter im Portfolio, die auf das kaufkräftige und stetig wachsende Kundensegment der Ü50er zielen. Gleichzeitig handelt es sich dabei um eine traditionell ausgerichtete Kundenschicht, die persönlichen Service schätzt und Onlinebuchungen gegenüber kritisch eingestellt ist.
Noch nicht abschätzbar ist, was geschieht, wenn die Digital Natives irgendwann 50 werden. Wird ihre Einstellung im Alter konservativer und traditioneller, oder stellen sie sich ihre Reisen auch mit silbernem Haar noch bei Booking.com, Airbnb und Google Flights zusammen? Über diese Unbekannte machen sich auch die Knecht-Verantwortlichen ihre Gedanken. Sollte das Offline-Geschäft längerfristig wirklich verschwinden, würde Knecht mit grossem Rückstand in diese Welt starten. Zumindest für die nächsten Jahre ist der Veranstalter mit seinem Modell aber sicherlich gut aufgestellt.
Stefan Jäggi