Die im Weltairlineverband IATA zusammengeschlossenen Fluggesellschaften haben sich zum Ziel gesetzt, dass die jährliche CO2-Effizienzsteigerung bei Kraftstoffen bis zum Jahr 2020 1,5% betragen soll. Bis 2050 sollen die Netto-CO2-Emissionen um 50% im Vergleich zum Basisjahr 2005 reduziert werden.
Bei der Erreichung dieser Ziele spielen Biotreibstoffe, also pflanzenbasierte Treibstoffe, eine wesentliche Rolle. Im Verhältnis zu fossilen Kraftstoffen liegen die CO2-Einsparungen pro Tonne bei bis zu 80%. Testflüge zeigten, dass Biokerosin tatsächlich alltagstauglich ist.
Beim Forschungsprojekt «Pure Sky» betrieb die Lufthansa eines der beiden Triebwerke des Linienflugzeugs Airbus A321 auf der Strecke HamburgFrankfurt zu 50% mit Biokerosin aus gepresstem Palmöl. Nach 1187 Flügen zogen die Experten von Lufthansa Technik und MTU Aero Engines Bilanz. Der Einsatz von insgesamt 1557 Tonnen Biokerosingemisch brachte eine Einsparung von 1471 Tonnen CO2. «Der Biokraftstoff hat sich als alltagstauglich erwiesen», sagt Joachim Buse, Leiter des Bereichs «Alternative Flugtreibstoffe» bei der Lufthansa.
Praxistauglichkeit zeigte auch der erste Langstreckenflug mit Biotreibstoff. Am 13. Januar 2012 flog eine mit rund 40 Tonnen Biokerosingemisch betankte Boeing 747-400 problemlos von Frankfurt nach Washington und sparte dabei 36 Tonnen Kohlendioxid ein.
Beginn dieses Jahres feierte zudem Qatar Airways zusammen mit Qatar Petroleum und Shell die Einführung eines neuen Flugzeugtreibstoffs auf Erdgas-Basis, dem sogenannten GTL-(Gas to Liquid)-Treibstoff. Dieser Treibstoff hat zwar im Vergleich zu Kerosin eine höhere Energieeffizienz, ist schwefelfrei und produziert weniger Feinstaubemissionen. Allerdings liegt der CO2-Ausstoss auf dem Niveau von Kerosin.
Längerfristig wird es aber nicht reichen, als Treibstoff nur teilweise Biofuel zu verwenden. Als 100-prozentiger Ersatz von Kerosin kommt nur Biomasse in Frage, die nicht als Nahrungsmittel für Menschen dient. Zudem sollten sie auf Böden wachsen, auf denen sich der landwirtschaftliche Anbau nicht lohnt. Zur Biokraftstoff-Produktion geeignet sind zum Beispiel die Energiepflanzen Jatropha und Camelina, die in den Tropen und Subtropen auf trockenen Böden gedeihen. Ihre Früchte liefern Öl, das nicht zum Verzehr geeignet ist und bereits teilweise als Beimischung zu Biotreibstoffen bei Testflügen verwendet wird.
Als vielversprechend erweist sich auch die Herstellung von synthetischem Treibstoff aus Mikroorganismen wie beispielsweise Algen. Wissenschaftler weltweit arbeiten daran, die richtige Mischung aus Licht, Kohlendioxid und Nährstoffen zu finden, um eine möglichst hohe Ausbeute aus Algen zu bekommen.
Damit Biokerosin auch tatsächlich im Flugverkehr eingesetzt wird, muss es aber in den nötigen Mengen und zu konkurrenzfähigen Preisen erhältlich sein. Fossiles, also herkömmliches Kerosin ab Raffinerie kostete im Sommer 2012 pro Tonne rund 925 US-Dollar, Biokraftstoffe waren ab 2100 US-Dollar erhältlich. Für Jean-Pierre Tappy, Managing Director External Affairs bei der Swiss, ist klar, dass der neue Treibstoff höchstens denselben Preis haben darf wie fossiles Kerosin, damit die Swiss auf Biotreibstoff umsteigt.
Airbus entwickelt zusammen mit China Petroleum and Chemical Corporation (Sinopec), eines der grössten chinesischen Energieunternehmen, die Produktion erneuerbarer Treibstoffe. Die neu gebaute Raffinerie in Hangzhou ist eine der wenigen in der Welt, welche die Kapazität hat, in grossem Umfang Treibstoff aus Biomasse herzustellen. Wenn sich aber die Luftfahrt so weiterentwickelt wie erwartet, könnten im Jahr 2030 täglich gut 5 Mio. Barrel (1 Barrel = 149 l) alternativer Flugzeugkraftstoffe nachgefragt werden. Dafür würde, so Berechnungen von BP, gut 100 Mio. ha Land benötigt und 1000 Raffinerien. Der Weg ist also noch weit.
Roundtable on Sustainable Biofuels (RSB)
Die Swiss unterstützt den Roundtable on Sustainable Biofuels (RSB), eine Initiative des Energy Center der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), die inzwischen in eine rechtlich unabhängige Non-Profit-Organisation umfirmiert wurde. Der RSB ist eine Plattform, in deren Rahmen sich Bauern, NGOs, Unternehmen, Regierungen und Experten mit der Nachhaltigkeit von Biotreibstoffen beschäftigen. Das RSB hat ein Zertifizierungssystem für nachhaltige Biotreibstoffe entwickelt, das sowohl ökologische als auch ökonomische und soziale Prinzipien umfasst. Seit März 2013 ist SkyNRG die erste von RSB voll zertifizierte erneuerbare Kraftstoff-Lieferkette. Das Unternehmen, das KLM 2009 zusammen mit Argos und Spring Associates gründete, bedient global mehr als 15 Fluggesellschaften sowie die Betriebspartner im KLM-Biotreibstoff-Programm. «Dank den Bemühungen von KLM und SkyNRG ist die weltweit erste RSB-zertifizierte Lieferkette für Flugzeugtreibstoff voll funktionsfähig», resümiert Peter Ryus, CEO RSB Services Foundation.
Nathalie de Regt