Massenproblem im Massengeschäft (Ausgabe 2013-08)

Wachsendes Datenvolumen im Touroperating

Eine Reise von Samstag bis Samstag, Chartermaschine, höchstens zwei bis drei Zimmerkategorien, alles zu einem acht Monate vorher festgelegten Preis – das war einmal. Heute bewegen sich die meisten Veranstalter entweder in Richtung Individualreise mit gleichzeitigem Fokus auf Expertise und hohe Beratungsqualität in den Filialen, oder sie setzen auf dynamisches Paketieren mit einem hohen Automatisierungsgrad. Erstere nutzen die IT vor allem ergänzend: Technologien sollen die Berater unterstützen und für sie Kunden aus der Online- in die Offlinewelt holen. 

Für Letztere ist die IT das zentrale Thema. Die technologische Entwicklung gibt ihnen zahlreiche neue Möglichkeiten, die aber auch neue Herausforderungen mit sich bringen – Herausforderungen, die wiederum von der IT bewältigt werden müssen. Ein Beispiel: Indem das dynamische Paketieren die bisherigen Angebotsstrukturen völlig aufbricht, vervielfacht sich die Menge an verfügbaren Kombinationen von Angeboten. Diese Masse an Daten muss aber auch verarbeitet und dargestellt werden können. 

Dies wird besonders kritisch, wenn das massiv vergrösserte und immer noch rasch grösser werdende Datenvolumen an einem Ort gebündelt wird, etwa im Cets. Dessen RAX-Datenbank basiert auf der täglichen Lieferung und zentraler Lagerung aller Veranstalterdaten. Dies ist erstens nicht aktuell und zweitens aufgrund der schieren Datenmenge kaum mehr zu bewältigen. Einige Monate ist es noch einigermassen gut gegangen. In den buchungsintensiven Monaten Januar und Februar ist das System nun aber an seine Grenzen und darüber hinaus gestossen.

Cets tut gut daran, seine Strukturen so schnell wie möglich anzupassen. Das System ist im Schweizer Retailing zurzeit zwar unverzichtbar. Aber es ist ein System, dessen Kernkompetenz heute auf den klassischen, eingangs beschriebenen Pauschalreisen liegt. Das Beispiel Kuoni: Für Charterprodukte mit laufenden Verträgen sei Cets «immer noch gut», für die dynamische Produktion und das Mikro-Touroperating im Retail verlässt man sich aber auf «neue Systeme». Und vielsagend schiebt der Veranstalter hinterher: «Da die Branche in Bezug auf Produktion und Vertrieb stark im Umbruch ist, kann heute noch nicht abgeschätzt werden, welche Systeme mittel- und langfristig die besten für uns sind.» Die klassische Pauschalreise stirbt aus – und Cets muss nun ein Mammut-Projekt stemmen, um es ihr nicht gleichzutun. 

Stefan Jäggi