Das Jahr 2012 ging nicht als ein Glanzjahr der Reisebranche in die Geschichtsbücher ein. Die Gründe für die Misere sind bekannt: Konkurrenz aus dem Ausland und damit verbunden (zu) tiefes Preisniveau, Abwanderung von Kunden ins Internet, Währungsprobleme etc. Mehr oder weniger ausgeglichene Resultate sind da oft nur mithilfe von Angebots- und Personalreduktionen sowie Veräusserungen zustande gekommen.
Da mutet es geradezu seltsam an, wenn die Knecht-Reisegruppe den Gewinn steigert und dies vor allem im andernorts totgesagten Touroperating sowie bei leicht gestiegener Mitarbeiterzahl. Inzwischen hat Knecht mit rund CHF 155 Mio. Umsatz eine respektable Grösse, inklusive Eurobus sind es gar CHF 270 Mio. Die letzte Woche hier beschriebene Kluft zu den «Big 3» liegt damit nur noch im niedrigen dreistelligen Millionenbereich.
Deren Dimensionen sind allerdings kein Thema im Aargau. Dort setzt man auf Tugenden, welche nach «old school» klingen mögen, deren Erfolg nun aber bewiesen ist: a) Es wird auf komplexe, beratungsintensive Reisen gesetzt. b) Die Mitarbeitenden werden nicht nur gut ausgebildet, es wird mittels angemessenen Lohnerhöhungen und einer komplexen Leistungsbemessung auch darauf geachtet, dass möglichst wenig Fluktuation entsteht. 90% der Lehrlinge bleiben Knecht im Schnitt der letzten Jahre erhalten. c) An der Spitze ist die Nachfolgeregelung bekannt und unumstritten.
Natürlich ist auch in Aarau oder Windisch, wohin Knecht Ende Jahr umziehen wird nicht alles rosa. Das Touroperating ist gewachsen, aber nicht profitabler geworden; im Retailing werden weiterhin höhere Margen erzielt. Die Arrangements werden teils teurer, was stets gefährlich ist, weil der Konkurrenzdruck aus dem Ausland nicht nur bei Pauschalreisen, sondern auch bei den Fernreisen enorm ist. Doch Knecht fährt mit seinem rein schweizerischen Business gut.
An Branchenanlässen hört man da und dort, dass Knecht zu wenig für die elektronische Distribution mache und zu wenig Skaleneffekte im globalen Wettkampf um gute Anbieterpreise in die Waagschale werfen könne. Nun, Knecht hat zwar die eigene Website deutlich aufpoliert, setzt aber weiterhin nicht auf die Karte «IT ist alles». Und bei den Verhandlungen rund um den Globus ist Kontinuität dank langjährigen Angestellten inzwischen ebenso ein Trumpf wie die «Swissness» des Unternehmens. Das zahlt sich aus. Derzeit fahren die «Consultants» aus dem Aargau oder aus Bern jedenfalls sehr positive Ergebnisse ein.