Nicht nur Grund zur Freude (Ausgabe 2006-43)

Peter Kuhn über das touristische Jahr 2006

Das Tourismus-Jahr 2006 ist ein guter Jahrgang. Sowohl im Tour Operating wie im Retailing konnten die meisten Anbieter zweistellige oder hohe einstellige Zuwächse verzeichnen. Das ist erfreulich und kontrastiert zum Vorjahr. Eine Ausnahme macht Travelhouse. Dort war man dieses Jahr offenbar mehr mit sich selber als mit mehr Kunden beschäftigt. Kein Zweifel: Es wird wieder mehr gereist, aber vieles geht am Reisebüro vorbei.

Hier muss man anfügen: Die Anzahl Kunden hat weniger stark zugenommen als der Umsatz. Es ist zwar schön, höhere Durchschnittspreise zu kassieren, doch macht dieses Phänomen nachdenklich. Es kann nicht von Gutem sein, wenn sich diese Schere künftig weiter öffnet. Denn Tourismus ist, wenn auch nicht nur, ein Massengeschäft. Die Euphorie über den Verlauf des Reisejahres war im Frühjahr deutlich grösser als dieser Tage. Das hat mit dem Buchungsverlauf zu tun, von dem angenommen wird, er habe die lang ersehnte Trendwende im Verhältnis von Früh- zu Last-Minute-Buchungen gebracht. Ein Trend ist da. Ist es auch mehr?

Vieles deutet darauf hin, dass der Kampf um die Kunden hart bleibt. Das Verhalten der Marktteilnehmer ist aufschlussreich. Nach einer Periode relativer Ruhe kam es dieses Jahr wieder vermehrt zu Konsolidierungen im Tour Operating und Retailing. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Der Kampf der Grossen um eine verstärkte Vertriebsbindung wird noch schärfer. Dass dieser Umstand an eine verstärkte Wertschätzung des stationären Vertriebs gekoppelt ist, wird die Reisebüros freuen.

Wer diesem Trend nicht nachgeben will, muss sich über ganz besondere Qualitäten ausweisen. Dennoch: Vor lauter noch engerer Bindung muss die Frage erlaubt sein, wie es bei zunehmender Ausdünnung des Angebots mit der Beratungsqualität der sogenannt unabhängigen Büro bestellt ist, die doch dem Kunden gegenüber deren Haupttrumpf sein sollte. Da sägen Retailer am eigenen Ast und der Beratungsgebühr, denn Eintopf ist frei von Beratung.

Zum Schluss noch dies: Die Zahl der Webflüchter nimmt zu. Die Kunden haben sich arrangiert und wollen Service haben. Damit wird sich die Branche zu arrangieren wissen.