Es ist nun schon zwei Jahre her, seit die IATA ihre Initiative für die New Distribution Capability (NDC) lanciert hat. In diesen zwei Jahren hat man viele Gerüchte gehört, ist viel Kritik laut geworden, aber etwas Handfestes bekam man bisher abgesehen von einigen Screen-shots eines «NDC-Demonstrators» nicht zu Gesicht. Die Unsicherheit und Verwirrung in der Branche ist gross, es gibt heute mehr Fragen als Antworten zum Thema.
Ein gewichtiger Teil der Unsicherheit und Kritik fusst darauf, dass sich die Branche vom Entwicklungs- und Entscheidungsprozess ausgeschlossen fühlt. Genau darauf zielt die neue Initiative, die von diversen Branchenverbänden angestossen wurde. Deren oberste Maxime lautet: Es soll eine Entwicklung stattfinden, an der sämtliche Branchenplayer teilnehmen können. Nur schon die Tatsache, dass sich statt vieler Einzelstimmen nun plötzlich eine regelrechte transatlantische «Gegenbewegung» zu Wort meldet, ist ein starkes Zeichen.
Aber ist es realistisch, dass die IATA darauf eingeht, ihre bisherigen Pläne über den Haufen wirft und nochmals von vorne anfängt? Kaum. Dazu ist das Projekt schon zu weit fortgeschritten, in diesen Tagen sollen schliesslich bereits die ersten Pilotanwendungen präsentiert werden. Auch Technologieanbieter wie zum Beispiel einige GDS oder Vayant haben angefangen, das Terrain zu ebnen und NDC-kompatible Lösungen zu entwickeln.
Es ist denn auch nicht davon auszugehen, dass sich die Verbände erhoffen, einen komplett neuen Standard aufbauen zu können. Vielmehr wollen sie der IATA wohl zeigen, dass die Branche mit dem bisherigen Verlauf der NDC-Initiative unzufrieden ist und dass sie einen intensiveren Dialog und mehr Mitspracherecht fordert. Kevin Mitchell, Vorsitzender der Business Travel Coalition und einer der Hauptinitianten der Gegenbewegung, spricht sogar von einem «Olivenzweig», welcher der IATA damit dargereicht werde.
Denn schliesslich muss man sich auch fragen, wie viel Druck diese Gegenbewegung wirklich aufsetzen kann. Die Flugleistung ist nun mal das zentrale Element einer Reise wenn die IATA und die wichtigsten Airlines am selben Strick ziehen und nicht von ihrer Position abweichen, bleiben dem Rest der Branche wenige Alternativen und ein Boykott ist ausgeschlossen. Die Reiseindustrie hat schon oft schmerzlich erfahren müssen, dass ihr nicht viel anderes übrig bleibt, als die Bedingungen der Fluggesellschaften zu schlucken. Wenn die IATA und die Airlines wollen, dass die NDC kommt, dann wird sie auch kommen.