Drei Wochen ist es her, dass die Schweizerische Nationalbank den Euro-Mindestkurs aufgegeben hat. Nicht nur der Incoming-Tourismus, auch das Outgoing-Geschäft ist seither vom markant stärkeren Franken betroffen. Der 15. Januar war der Startschuss zu einem Einkaufstourismus von bisher unbekannten Ausmassen. Noch ausgeprägter als vor der Einführung des Mindestkurses im September 2011 dominieren auf den Parkplätzen deutscher und österreichischer Einkaufszentren wieder Autos mit CH-Kennzeichen. Die SBB sah sich sogar veranlasst, Extra-Shoppingzüge anzubieten. Nebst Kosmetika, Fleisch, Kleidern und weiteren Artikeln des täglichen Bedarfs muss in den Augen vieler Konsumenten im Ausland alles billiger sein, auch das Buchen von Ferien.
Im Gegensatz zu 2010/2011 haben die Schweizer Veranstalter schnell reagiert. Mit Euro-Rabatten bis zu 20% zu Lasten der eigenen Marge sowie mit tagesaktuellen Kursen wollen sie den Markt stimulieren und für sich sowie ihre Vertriebspartner die bestmöglichen Voraussetzungen schaffen, um der Buchungsabwanderung in ausländische Reisebüros oder auf entsprechende Online-Portale entgegenzuwirken.
Für die grenznahen Reisebüros ist die jetzige Situation nicht neu. Sie haben gelernt, flexibel und innovativ darauf zu reagieren. Trotzdem, bei Preisunterschieden von bis zu 20% bleibt die aktuelle Entwicklung eine grosse Herausforderung. Wer sich auf ein gutes Customer Relation-ship Management abstützen kann, ist gegenüber seinen Mitbewerbern jetzt im Vorteil.
Die Geiz-ist-geil-Mentalität ist zurück. Nur die wenigsten Einkaufs-Grenzgänger machen sich Gedanken darüber, welcher Schaden dadurch für die Schweizer Volkswirtschaft entsteht und dass die daraus resultierenden negativen Folgen wie etwa Kosteneinsparungen oder Jobverlust auch sie direkt treffen könnten. Nach mir die Sintflut, Hauptsache die Schnäppchenjagd ist erfolgreich, scheint die aktuelle Losung zu heissen.
Urs Hirt